Bitcoin und andere Kryptowährungen sind mittlerweile im Mainstream angekommen. Der jüngste Boom und die scharfe Korrektur bei Bitcoin und Co. haben viele neue Akteure auf den Plan gerufen, die sich bislang kaum um FinTech-Themen gekümmert hatten. Unternehmen, Finanzmarktexperten, Tech-Konzerne und Politiker setzen sich mittlerweile mit dem Thema intensiv auseinander.

Eine der wohl brennendsten Fragen für alle FinTech-Akteure in Deutschland dürfte in der nächsten Zeit sicher sein, ob Kryptowährungen auch hierzulande Verbote oder eine strikte Regulierung drohen. Währen einige Länder weltweit hierbei schon Fakten geschaffen haben, gibt es in Deutschland und anderen EU-Ländern bislang keine Klarheit, wohin die Reise geht.

Positiv ist sicherlich zu bewerten, dass sich die letzte Bundesregierung um die Einholung von Expertenmeinungen bemüht und auf klassische ideologische Bewertungen bislang verzichtet hat. So wurde im März 2017 der sogenannte FinTechRat aus der Taufe gehoben, ein Gremium aus 20 Experten aus der FinTech-, Banken- und Versicherungsbranche und Wissenschaftlern, die im Bereich der Digitalisierung des Finanzsektors forschen. Der FinTechRat soll dem Bundesministerium für Finanzen beratend zur Seite stehen, wenn es darum geht, Chancen und Risiken vor allem im Bereich Blockchain und Kryptowährungen auszuloten.

Empfehlungen des FinTechRats

Im Dezember 2017 hat der FinTechRat erste Empfehlungen für die kommende Regierung vorgelegt. Aufgrund der politischen Hängepartie seit der letzten Bundestagswahl, gingen diese Empfehlungen leider ziemlich unter. Im Zentrum der Debatte standen vorrangig die Koalitionsverhandlungen, die daran beteiligten Hauptakteure und vor allem Themen wie die Flüchtlingsdebatte und der Familiennachzug. Auch wenn sich die künftige Bundesregierung nicht daran halten muss, geben die vom FinTechRat vorgelegten Empfehlungen doch einige Hinweise darauf, wohin bei Bitcoin und Co. in Deutschland die Reise gehen dürfte.

Unter dem Leitsatz same business, same risks, same rules empfiehlt der FinTechRat in Bezug auf Blockchain-Produkte eine Prüfung von Möglichkeiten zur laufenden und schnellen Weiterentwicklung des regulatorischen Rahmens bei bisher nicht abgedeckten Fragestellungen. Gleichzeitig weist das Gremium aber darauf hin, dass der Staat nicht nur für den regulatorischen Rahmen zuständig ist, sondern auch als großer Kunde oder Nutzer Innovationsimpulse geben kann. Die Blockchain-Technologie sei hierfür besonders geeignet, da sie bei der Zuordnung von Daten, Identitäten und Eigentumsrechten bei Geschäfts- und Verwaltungsprozessen helfen könne. Auch der Staat könne von der Blockchain profitieren, so der FinTechRat, und nennt hierfür digitale Grundbücher, Handelsregister und andere Melderegister als Beispiele.

Bislang kaum klare Positionen

Wie sich die Parteien beim Thema Blockchain genau positionieren werden, ist aber bislang nicht absehbar. Der von CDU, CSU und SPD ausgehandelte Koalitionsvertrag und die Stimmen einzelner Politiker geben aber erste Hinweise darauf, dass Deutschland künftig ein zweigleisiger Kurs aus moderater Regulierung und gleichzeitiger Förderung des Fintech-Bereichs bevorsteht. Mit schnellen Entscheidungen durch Gesetzesinitiativen ist vorerst aber nicht zu rechnen. So wollen die Koalitionspartner laut Vertrag zunächst eine umfassende Blockchain-Strategie entwickeln, um das Potential der Technologie zu erschließen und Missbrauchsmöglichkeiten zu erkennen. Ein zum Handel von Kryptowährungen und Token passender Rechtsrahmen soll später auf europäischer bzw. internationaler Ebene ausgehandelt werden.

Die Parteien sind sich also weiterhin unsicher, wie sie dem Thema Blockchain begegnen sollen. Um das nötige Know-How zu erwerben, will die kommende Bundesregierung bestimmte Technologien wie Blockchain zunächst selbst erproben. Gleichzeitig sollen bestehende Programme zur Förderung von Spitzentechnologien ausgebaut werden. Auch Blockchain-Forschungsprojekte sollen hierbei eine Rolle spielen.

Was sich hinter diesen Plänen versteckt, wird durch Kommentare einzelner Fachpolitiker deutlich. So äußerte etwa der SPD-Politiker Dr. Jens Zimmermann, Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Finanzausschuss sowie im Ausschuss für Digitale Agenda gegenüber Cointelegraph auf Deutsch:

"Die Blockchaintechnologie hat das Potential, mehr als nur das Bezahlen hin zum Positiven zu verändern. Wir wollen die vielen Chancen nutzen, die die Blockchaintechnologie bietet. Dafür ist es wichtig, diese Technologie in ihrer ganzen Anwendungsbreite zu fördern und regulatorisch zu begleiten, beispielsweise in Bereichen wie Smart Contracts. Dazu gehört es auch, noch bestehende Probleme zu beseitigen.

Digitale Währungen können grundsätzlich eine gute Alternative zu den bestehenden Zahlungsmitteln sein. Leider sind Bitcoin und auch andere Kryptowährungen momentan in erster Linie hochspekulative Zockerprodukte.

Aber nicht nur die starken Kursschwankungen sind ein Problem. Es gibt auch Probleme mit Datenschutz, Geldwäsche und der steuerlichen Behandlung. Und auch der unglaublich hohe Stromverbrauch, der beim sogenannten Mining von Bitcoin entsteht, ist sehr problematisch.

Solange diese Probleme nicht behoben sind, werden Kryptowährungen nicht alltagstauglich sein, und man sollte die Nutzung als Zahlungsmittel auch niemandem empfehlen. Für uns als SPD ist entscheidend, in diesem Bereich Innovationen zu fördern und gleichzeitig den Verbraucherschutz zu wahren."

Zimmermann sieht die Notwendigkeit einer zeitnahen Regulierung, die sicherstellen soll, "dass Kryptowährungen tatsächlich zum Bezahlen und nicht zum Spekulieren genutzt werden". Er weist aber ebenfalls auf die Notwendigkeit eines internationalen Regelwerks hin.

CDU-Politiker Spahn warnt vor Hype

CDU-Politiker Jens Spahn, bislang Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, ist im Vergleich dazu schon eher ein Blockchain-Fan. Im Bundestagswahlkampf sprach Spahn von einer Notwendigkeit, Deutschland zum Spitzenreiter bei der neuen Technologie zu machen. Spahn sieht hierbei aber vor allem die potentiellen Vorteile im Bereich der digitalen Verwaltung und will dafür möglichst schnell Blockchain-Pilotprojekte sehen. Besonders Grundbuchämter und Melderegister würden sich ideal für den Einsatz von Blockchain in Pilotprojekten eignen, weil hier Verlässlichkeit und Transparenz der Daten besonders wichtig seien. Im Finanzbereich sah Spahn aber bereits im letzten Jahr einen Hype und warnte, Anleger und Spekulanten von Kryptowährungsanlagen befänden sich im Hochrisiko.

Wirtschaftsliberale wie der FDP-Politiker Frank Schäffler sehen bei Kryptowährungen vor allem die Vorteile und halten Bitcoin und Co. eher für eine gesunde Konkurrenz zu klassischen Währungen. Selbst die jüngsten Rekordkurse sind für Schäffler, der selbst auch schon mit Bitcoin bezahlt hat, kein Anzeichen einer Blase. Generell hält der FDP-Politiker Investments in die Kryptowährung auch nicht für Zockerei, wie dies etwa Jens Zimmermann tut. Schäffler sieht durch Blockchain-Technologie sogar Vorteile für Entwicklungsländer, wenn es um Zugang zum Kapitalmarkt und den sicheren Zahlungsverkehr geht.

Danyal Bayaz von Bündnis 90 / Die Grünen kritisiert Tatenlosigkeit

Deutlich kritischer, aber ebenfalls offen für Blockchain-Technologie und Kryptowährungen, sind Bündnis 90/Die Grünen aufgestellt. Dr. Danyal Bayaz, Startup-Beauftragte der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, begrüßt die angedachte Blockchain-Strategie der Koalitionsparteien und hofft gleichzeitig darauf, dass Deutsche Blockchain-Startups sich nicht in Ländern wie Singapur - wie im Fall von Lisk - oder auf Gibraltar ansiedeln. Die vergangenen Bundesregierungen kritisiert der Politiker für ihre Tatenlosigkeit in Bezug auf neue FinTech-Entwicklungen.

"Sorge bereitet mir dabei, dass die CSU weiter über das Verkehrsministerium für die Digitalisierung zuständig sein soll. In den vergangenen Jahren sind wir durch das fehlende Engagement der Bundesregierung international ins Hintertreffen geraten. Hier fehlt sowohl fachliches Knowhow als auch kulturelles Verständnis für die Belange der Gründerszene. Daher erwarte ich von der neuen Koalition auch sehr bald konkrete Taten".

Die Euphorie eines Teils der Szene, wonach Kryptowährungen gesetzliche Zahlungsmittel ablösen könnten, teilen Die Grünen nicht. Aber auch seine Partei wolle das Potential der Blockchain-Technologie hier in Deutschland optimal ausschöpfen, sagt Bayaz.

Die Linke sieht Gefahren für Finanzmarktstabilität

Wenig überraschend sieht die dem Finanzbereich generell kritisch gegenüberstehende Partei Die Linke auch in den Kryptowährungen eher eine Gefahr. Fabio De Masi, Finanzexperte der Fraktion Die Linke, schrieb anlässlich der Einführung von Bitcoin-Futures in den USA im Dezember 2017:

"Die US-Aufsicht handelt zudem unverantwortlich, indem sie den Handel mit Bitcoin-Derivaten genehmigt und somit Spekulation und Geldwäsche weiter fördert."

Private Kryptowährungen stellten ähnlich wie die Geldschöpfung von Geschäftsbanken ein Risiko für die Finanzstabilität dar, so De Masi weiter. Digitalwährungen sollten daher von Zentralbanken reguliert und von diesen auch garantiert werden, was diese dann genauso sicher wie Bargeld machen würde.

Alice Weidel sieht hohe Blockchain-Kompetenz bei der AfD

Die unkritischsten Befürworter von Kryptowährungen unter den Bundestagsparteien kommen zweifelsohne aus der AfD. Das mag überraschen, war die Partei doch ursprünglich aus der Kritik an der Rettungspolitik im Verlauf der Euro-Krise entstanden. Über eventuelle Risiken ist von der dezidiert konservativen Partei allerdings wenig zu hören, was zum Ausdruck bringt, wie stark die AfD klassischen staatlichen Institutionen misstraut. Co-Vorsitzende Alice Weidel ist sogar der Meinung, dass die AfD bei dem Thema eine besonders hohe Kompetenz mitbringt, wie Aussagen von Weidel aus dem letzten Jahr verdeutlichen:

"Die AfD ist eine der Parteien, die ein gutes Verständnis von Blockchain, Bitcoin und anderen Kryptowährungen hat und zudem den Wettbewerb der Währungen auch begrüßt, anstatt ihn abzulehnen. [...] Wer also in Bitcoin, Ethereum und Co. investiert hat, sollte sich überlegen, die AfD zu wählen!"

Wie die künftige Regierung das Thema Regulierung und Pilotprojekte im Blockchain-Bereich angehen wird, bleibt abzuwarten. Mit baldigen Veränderungen darf in Deutschland kaum gerechnet werden, da CDU, CSU und SPD zunächst das Thema weiter erforschen und sich in Sachen Regulierung mit anderen europäischen Partnern abstimmen wollen. Einige Jahre dürften dabei locker ins Land gehen. Und wie das aktuelle Stimmungsbild unter den Parteien zeigt, ist mit einer sehr strengen Regulierung oder gar Verboten dann wohl kaum zu rechnen.