Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am gestrigen 11. Mai einen Leitfaden zur Ertragsbesteuerung von virtuellen Währungen und Token veröffentlicht. Das 24 Seiten starke Dokument enthält rechtliche Definitionen und steuerliche Einordnungen für virtuelle Währungen und Token, Mining, Staking, Lending, Airdrops, Wallets, Masternodes, Hard- und Soft-Forks und ICOs.

Das behördliche Schreiben stellt kein Gesetz dar, da es nicht von Bundestag oder Bundesrat verabschiedet wurde, nichtsdestotrotz hat es gesetzlichen Charakter. Das heißt, das Finanzamt muss sich an die Inhalte aus dem Leitfaden halten.

Was bleibt, was kommt?

Die Gewinne aus Tausch in Fiatwährungen wie Euro oder US-Dollar und in eine andere Kryptowährung, zum Beispiel, Bitcoin (BTC) oder Ether (ETH) fallen unter private Veräußerungsgeschäfte und unterliegen einem persönlichen Steuersatz plus gegebenenfalls Kirchensteuer. 

Liegt zwischen Kauf und Verkauf der Kryptowährungen mehr als ein Jahr, sind die Gewinne komplett steuerfrei. Verkauft man seine Krypto-Anteile vor dieser Frist, muss man seinen Gewinn versteuern.

Wie bei allen anderen privaten Veräußerungsgeschäften gilt ebenfalls die Freigrenze von 600 Euro pro Kalenderjahr. Solange der Steuerpflichtige unter dieser Grenze bleibt, ist sein Gewinn steuerfrei und muss nicht in der Steuererklärung angegeben werden. Aber wenn die Gewinne diese Freigrenze sogar nur um 1 Euro übersteigen, dann muss man den ganzen Veräußerungsgewinn melden. 

  • Neu ist, dass auch die Durchschnittsmethode neben dem FIFO-Verfahren (“First in – First out”) zulässig ist. Beim FIFO geht man davon aus, dass der Steuerpflichtige diejenigen Coins zuerst verkauft, die zuerst gekauft wurden. Bei der Durchschnittsmethode erfolgt die Gewinnermittlung wiederum anhand des Durchschnittspreises, zum Beispiel, aller angeschafften Bitcoins. 

Zusätzlich gilt für die Berechnungsmethoden der Grundsatz, dass diese für jede einzelne Wallet und Kryptowährung anzuwenden sind. 

Bei der Gewinnermittlung wird der Kurs einer Handelsplattform (zum Beispiel Coinbase, Bitpanda, Kraken) oder eines Portals wie Coinmarketcap akzeptiert. 

  • Die Verlängerung der Haltefrist von 1 Jahr auf 10 Jahre bei der Nutzung von Kryptowährungen zum Staking und Lending wird nicht umgesetzt. Wenn der Privatanleger zum Beispiel Cardano (ADA) kauft und die Kryptowährung in seiner Wallet fürs Staking nutzt, kann er diese nach einem Jahr wieder steuerfrei verkaufen. Es gibt hier keine Veränderungen, so die Parlamentarische Staatssekretärin Katja Hessel: 

„Bei Privatpersonen ist der Verkauf von erworbenen Bitcoin und Ether nach einem Jahr steuerfrei. Die Frist verlängert sich auch dann nicht auf zehn Jahre, wenn etwa Bitcoin zuvor für Lending genutzt wurden oder die Steuerpflichtigen beispielsweise Ether einem anderen für dessen Blockerstellung als Stake zur Verfügung gestellt haben.“

  • Einige Neuigkeiten gibt es allerdings doch noch im Hinblick auf das Staking. So hat das BMF eine Unterscheidung nach aktivem (Forging) und passivem Staking eingeführt. 

Aktives Staking: Forger, auch Validatoren genannt, betreiben Staking-Nodes selbst und ihre Einkünfte aus dieser Tätigkeit sind als Einkünfte aus Gewerbebetrieb einzuordnen. Der Forger muss in diesem Fall ein Gewerbe anmelden, eine Gewinnermittlung erstellen und eine Gewerbesteuererklärung abgeben. Die Gewinne aus Veräußerung oder Tausch muss der Forger versteuern.

Passives Staking: Die Teilnehmenden erhalten eine Vergütung von den Forgern, die die Blockbelohnung und die Transaktionsgebühren vereinnahmen. Diese Art von Staking, bei dem man nicht selbst an der Blockerstellung  (also zum Beispiel über Pool-Anbieter oder Kryptobörsen) teilnimmt, gilt als private Vermögensverwaltung. Das heißt, Gewinne werden als sonstige Einkünfte versteuern.

  • Die Gewinnveräußerung aus durch Lending erhaltenen Coins, also wenn Einheiten einer Kryptowährung gegen eine Vergütung zur Nutzung überlassen werden, wird ebenso als sonstige Einkünfte betrachtet. 
  • Das Betreiben einer Masternode wird als gewerbliche Tätigkeit betrachtet. 
  • Bei der Erzielung von Einkünften aus Mining geht das BMF ebenso von einer gewerblichen Tätigkeit aus. Dabei gelten neu erstellte Einheiten nach Ansicht des BMF als „angeschafft“ und sind entsprechend zu versteuern. Teilnehmer eines Mining-Pools sind Mitunternehmer und damit auch im Bereich der Gewerblichkeit.

Motor für Innovation oder doch nicht?

Das neue BMF-Schreiben ist jetzt “für alle Finanzämter in ganz Deutschland bindend”, und ist “ein sehr guter und wichtiger Schritt” Richtung Innovation und Rechtssicherheit, wie Werner Hoffmann, Mitgründer der auf Krypto-Steuerrecht spezialisierten Firma Pekuna, schreibt. Besonders (passive) Privatanleger können nun ganz ruhig aufatmen: die Haltefrist von 1 Jahr bleibt erhalten, sodass Deutschland weiter steuerlich attraktiv bleibt. “Besonders positiv ist auch anzumerken, wie offen hier Verwaltung und Regierung auf die Krypto-Community zugegangen sind und das erhaltene Feedback auch wirklich umgesetzt haben”, so Hoffman.

Andererseits enthält das neue BMF-Schreiben keine rechtlichen Einordnungen für Non-Fungible Tokens (NFT) oder den Bereich der Decentralized Finance (DeFi). Daher kann das Schreiben, aller Freude zum Trotz, nicht als Triebfeder für die Entwicklung der deutschen Krypto-Branche verstanden werden.

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