In ihrer monatlichen "Expertenmeinung" spricht Selva Ozelli, eine internationale Steueranwältin und CPA, über die Schnittstelle zwischen aufstrebenden Technologien und Nachhaltigkeit und informiert über die neuesten Entwicklungen in den Bereichen Steuern, AML/CFT und rechtliche Fragen im Zusammenhang mit Krypto und Blockchain.

Deutschland ist auf Platz eins des Coincub-Reiseführers der kryptofreundlichsten Länder im ersten Quartal 2022 aufgestiegen. Das wirtschaftlich stärkste Land Europas erlaubt seiner langfristigen inländischen Sparbranche, Krypto-Investitionen zu nutzen. Diese werden damit zusätzlich gestützt, dass keine Steuern auf langfristige Kapitalgewinne aus Krypto anfallen und auch die Anzahl an Bitcoin- und Ethereum-Knoten ist am zweithöchsten nach den Vereinigten Staaten.

Blockchain-Akzeptanz

Im Jahr 2019 hat Deutschland als erstes Land eine Blockchain-Strategie eingebracht, um das Potenzial der Technologie für die digitale Transformation zu nutzen und das Land zu einem attraktiven Zentrum für die Entwicklung von Blockchain-, Web3- und Metaversum-Anwendungen in den Bereichen Fintech, Climate Tech, Business und Govtech zu machen. Hinzu kommt auch das Projekt für digitale Identitäten.

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband ist ein Netzwerk von 400 Sparkassen im deutschsprachigen Raum und entwickelt bereits Fintech-Blockchain-Anwendungen, um Kunden den Kauf und Verkauf von Kryptowährungen zu ermöglichen. Verschiedene Unternehmen wie Volkswagen, About You, SAP, BrainBot und BigchainDB haben NFT-, Metaverse-, Web3-, Govtech- und Krypto-Zahlungsanwendungen entwickelt, die im elektronischen Handel weit verbreitet sind. Jacopo Visetti, ein Berater von C3, einer Gruppe von Betreibern und Investoren, die Unternehmen unterstützen, die Emissionen reduzieren wollen, erklärte dazu:

"C3 ist ein Climate-Tech-Unternehmen, das eine fortschrittliche technologische Infrastruktur entwickelt, mit der man Emissionsgutschriften aus internationalen Standards mittels Tokenisierung auf die Blockchain übertragen kann."

Um die Entwicklung dieser Technologien zu finanzieren, hat Roundhill Investments, ein ETF-Sponsor mit Fokus auf innovativen Themenfonds, den Roundhill Ball Metaverse UCITS ETF an der Deutschen Börse Xetra aufgelegt. Diesen bezeichnet er als Deutschlands ersten börsengehandelten Metaversum-Fonds. Außerdem dürfen Pensionsfonds, Versicherungsgesellschaften, Family Offices und Unternehmensinvestmentfonds laut dem deutschen Fondsstandortgesetz bis zu 20 Prozent ihres Vermögens in digitale Vermögenswerte investieren.

Kryptoakzeptanz

Mit Stand von 2021 haben etwa 2,6 Prozent der Deutschen Kryptowährungen genutzt. Laut einem aktuellen Bericht von KuCoin haben 44 Prozent der Deutschen Interesse daran, in Krypto zu investieren.

Deutsche Anleger können über Unternehmen und Plattformen wie 1inch Exchange, Nuri, FinLab, Minespider, die NAGA Group, Tangany, Coindex, CryptoTax, Upvest, Fiona, Blocksize Capital, USDX Wallet, Bitbond und die Iota Foundation in Krypto und Blockchain investieren oder mit Dash auf Sugartrends einkaufen. Mark Mason, Manager für Kommunikation und Geschäftsbeziehungen bei Dash, erklärte dazu:

"Dash ist eine alternative Kryptowährung, die finanzielle Freiheit ohne Grenzen bietet. Er beschleunigt die finanzielle Inklusion, indem er es Leuten ermöglicht, ihre Telefone als Bankkonten zu nutzen. Es dezentralisiert, erlaubnisfrei und zensurresistent."

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Deutschland ist unter den Top-10-Ländern für Krypto-Mining und dort hat sich auch das größte Mining-Unternehmen der Europäischen Union, nämlich Northern Data, niedergelassen, das fast ausschließlich mit erneuerbarer Energie betrieben wird. Krypto-Mining ist als unternehmerische Tätigkeit steuerpflichtig.

Startups

Zahlreiche Blockchain-Startups haben sich in Deutschlands Krypto-Hauptstadt Berlin niedergelassen. Die Apeiron Investment Group vom bekannten Fintech-Investor Christian Angermayer finanziert die Berliner Unternehmen Denario und Penta, das Kölner Unternehmen Nextmarket und das Frankfurter Unternehmen Northern Data.

Paycer ist ein Hamburger Fintech-Startup-Unternehmen, das sich auf Kryptowährungen und dezentrale Finanzierung spezialisiert hat und entwickelt ein Brückenprotokoll, das DeFi und chainübergreifende Krypto-Dienstleistungen zusammenfasst und mit traditionellen Bankdienstleistungen kombiniert.

Das Berliner Fintech-Startup Forget Finance konzentriert sich wiederum darauf, junge Menschen durch Online-Coaching mit einer Mischung aus KI-Bots und echten Finanzexperten zum Sparen und Investieren in Kryptowährungen zu bewegen.

Digitale Zentralbankwährung

Laut einer Umfrage der Deutschen Bundesbank ist der Anteil der Barzahlungen an den Kassen seitens der deutschen Verbraucher von 74 Prozent im Jahr 2017 auf 60 Prozent im Jahr 2020 gesunken. Darum arbeitet die Bundesbank an der Verarbeitung von Vermögenswerten mit Distributed-Ledger-Technologie. Unterdessen prüft die Europäische Zentralbank die Einführung einer CBDC, die gemeinhin als digitaler Euro bezeichnet wird. Aus Diskussionen mit EU-Bürgern hat die EZB herausgefunden, dass Sicherheit und allgemeiner Akzeptanz die wichtigsten Aspekte bei einer solchen digital Zentralbankwährung sind.

NFTs und Metaversum

Das Metaversum ist die nächste Welle des Web3 und verändert die Art und Weise, wie wir interagieren, Kontakte knüpfen, arbeiten, Videospiele spielen, Wohltätigkeitsorganisationen unterstützen, NFTs kaufen und verkaufen und Konzerte, Sportveranstaltungen und Konferenzen besuchen. Das Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe hat 2017, also noch vor dem Jahr 2021, eine Reihe von NFTs erworben und stellt nun Werke aus der eigenen Sammlung und von privaten Leihgebern auf dem "ZKM Cube" aus. Das ist eine öffentlich zugängliche, würfelförmige Leinwand. Margit Rosen, Leiterin der Abteilung Sammlung, Archiv und Forschung am ZKM, erläuterte diese Idee in einem Interview.

Seit dem Beginn des NFT-Wahns hat das deutsche Sportbekleidungsunternehmen Adidas Partnerschaften mit dem Bored Ape Yacht Club und mit Prada für ein karitatives, klimabezogenes NFT-Kunstprojekt auf der Polygon-Blockchain geschlossen, um auf dieses Thema aufmerksam zu machen. Außerdem hat der deutsche Autokonzern Volkswagen eine interaktive NFT-Werbekampagne gestartet, die bisher sehr erfolgreich verlaufen ist.

Brian Shuster, Gründer und CEO von Utherverse, erklärte dazu: "Utherverse baut und betreibt seit 2005 eine virtuelle Online-Community, in der man in Echtzeit Kontakte knüpfen, an Veranstaltungen teilnehmen und Unternehmen gründen kann. Utherverse hat das Beste aus Internet, Spielen und virtueller Realität für das ultimative Metaversum-Erlebnis zusammengefügt. Secret City ist etwa ein Spiel, das von Utherverse Digital Inc. entwickelt wurde. 81 Prozent der Nutzer sitzen in Deutschland. Wir haben über 100 Patente und Patentanmeldungen für Internet-Kerntechnologien und das Metaversum und sind damit unangefochten führend im Hinblick auf die Metaversum-Architektur und VR-Ökonomie. Über das Metaversum wird derzeit viel geredet und offen gesagt haben die meisten Unternehmen, die Immobilien und Token anbieten wollen, unterschätzt, wie komplex das ganze ist. Fast jedes Unternehmen, das versucht hat, ein Metaversum zu schaffen, ist gescheitert. Die dritte Generation von Utherverse und seinem Utility Token wird voraussichtlich im zweiten Quartal 2022 vorgestellt."

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Illegale Verwendung von Kryptowährungen

Deutschland ist Mitglied der Joint Cybercrime Action Taskforce von Europol, die sich für die Bekämpfung von Cyberkriminalität über die staatlichen Grenzen hinaus einsetzt. In einem Bericht von Europol aus dem Jahr 2022 heißt es:

"Die Verwendung dieser virtuellen Währung für kriminelle Aktivitäten und das Waschen von Gewinnen hat in den letzten Jahren zugenommen und ist raffinierter geworden Die kriminelle Nutzung von Kryptowährungen ist nicht mehr nur auf Cyberkriminalität beschränkt, sondern bezieht sich jetzt auf alle Arten von Verbrechen, die die Übertragung von Geldwerten erfordern."

Nach einem Hinweis hat das deutsche Bundeskriminalamt die Server von Hydra, dem weltweit größten illegalen Dark-Web-Marktplatz, vom Netz genommen. Hydra hat seit seinem Start über 5 Milliarden US-Dollar an Bitcoin (BTC)-Transaktionen verzeichnet. Nach Deutschland verhängte auch das US-Finanzministerium in einer koordinierten internationalen Aktion Sanktionen gegen Hydra, um die Verbreitung bösartiger Dienste, gefährlicher Drogen und anderer illegaler Angebote zu unterbinden, die über die Webseite angeboten wurden.

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Gurvais Grigg, CTO für den öffentlichen Sektor bei Chainalysis, erklärte dazu: "Die Zerschlagung von Hydra ist nicht nur deshalb bemerkenswert, weil das der größte Darknet-Markt war, sondern auch, weil dort Geldwäsche angeboten wurde, mit der Kryptowährungen in russische Rubel umgetauscht werden konnten." Er sagte weiter:

"Mit den Sanktionen gegen Garantex sowie Suex und Chatex im vergangenen Jahr nehmen die Behörden eindeutig Auszahlungsstellen ins Visier, die Cyberkriminelle für Ransomware, Darknet-Verkäufe, Betrug und möglicherweise auch für die Umgehung von Sanktionen nutzen."

Regulierung von digitalen Vermögenswerten

Deutschland ist eines der wenigen Länder in Europa, das bereits begann Kryptowährungen zu regulieren, noch bevor die EU-Verordnung über Märkte für Krypto-Assets (MiCA) in Kraft tritt. Laut Robin Matzke, einem Rechtsanwalt und Blockchain-Experten, der den Deutschen Bundestag beraten hat, verlangt die deutsche Krypto-Verwahrungsverordnung, dass diejenigen, die private Schlüssel im Auftrag anderer kontrollieren und den deutschen Markt bedienen, eine Lizenz von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht haben. Unabhängig davon, ob sie andere ähnliche Lizenzen innerhalb der EU besitzen.

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Die neue sogenannte Transfer of Funds Regulation der EU sieht auch eine Offenlegungspflicht für "unhosted" Wallets vor. Das sind Wallets, die nicht von einem Verwahrer oder einer zentralisierten Börse verwaltet werden. Lone Fønss Schrøder, CEO des Blockchain-Unternehmens Concordium, erläuterte dazu:

"Die neuen Verordnungsentwürfe bringen erhebliche Änderungen in der Art und Weise mit sich, wie derzeit Kryptowährungstransfers durchgeführt werden. Das kann eine große Herausforderung für dezentrale Kryptolösungen sein, die Anonymität als einen zentralen Wert betrachten und sich für Peer-to-Peer (P2P) und Selbstverwahrung einsetzen. Außerdem könnten viele Projekte von ihrer Community daran gehindert werden, ihre Lösungen anzupassen."

Die Ansichten, Gedanken und Meinungen, die hier geäußert werden, sind allein die des Autors und spiegeln nicht unbedingt die Ansichten und Meinungen von Cointelegraph wider.

Selva Ozelli, Esq., CPA, ist eine internationale Steuerrechtsanwältin und Wirtschaftsprüferin, die häufig über Steuer-, Rechts- und Buchführungsfragen für Tax Notes, Bloomberg BNA und andere Publikationen sowie für die OECD schreibt.