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Die Niederlande sind traditionell Vorreiter bei Innovationen. Und wenn es um die Entwicklung von Blockchain-Technologien geht, ist das nicht anders. Die Niederlande gehören zu den fünf führenden Ländern im Bereich der digitalen Wirtschaft.

Amsterdam gilt als die beste Stadt für Technologie-Startups in Europa, die digitale Stadt Groningen beherbergt den größten Blockchain-Hackathon der Welt, und Arnheim ist der Ort mit den meisten Bitcoin-Zahlungen akzeptiereden Händlern. Dies erlaubt es den Niederländern, mit flüchtigen und weitgehend unregulierten Kryptowährungen zu experimentieren.

Die niederländische Blockchain Action Agenda ist hierbei die treibende Kraft für eine innovative Anwendung dieser Technologie in Produkten und Dienstleistungen. Unter dem Label "Dutch Digital Delta" sind Regierung, Industrie, Wissenseinrichtungen und sogar der Prinz Constantijn der Königsfamilie mit über 20 Organisationen aus den Bereichen Finanzsektor, Energie und Logistik in einer Initiative aktiv.

Bei einer Anhörung am 24. Januar 2018 im niederländischen Repräsentantenhaus kamen Politiker, Krypto-Währungsunternehmen und Regulatoren überein, dass der sich rasant entwickelnde Bereich von Kryptowährungen und Blockchain-Produkten klarere Regeln und Regulierung erfordert.

Fintech

Vor einigen Jahren bereits hat die Zentralbank der Niederlande (DNB) eine eigene, nur für den internen Umlauf bestimmte Kryptowährung namens DNBcoin entwickelt, um die Funktionsweise von Kryptowährungen besser zu verstehen. Nach einer eingehenden Untersuchung kam die DNB zu dem Schluss, dass die Blockchain für die Abwicklung komplexer Finanztransaktionen, grenzüberschreitende Zahlungen, Wertpapiertransaktionen und die Validierung von Dokumenten und Identitäten "im Fintech-Bereich auf natürliche Art" einsetzbar ist. In einer Anhörung teilte der DNB-Vertreter mit, dass die "DNBCoin zwar weiterhin geprüft werde, aber auch eine Kombination von Blockchain-basierten grenzüberschreitenden Zahlungsdiensten untersucht werde, bei denen Kryptowährungen in Papierwährungen umgetauscht und mit Prepaid-Krypto-Debitkarten kombiniert werden könnten". Die DNB erklärte, sie unterstütze die EU, welche ihre Richtlinien zur Bekämpfung der Geldwäsche auf digitales Geld ausgeweitet hat, und kündigte an, dass die Niederlande diese innerhalb von 18 Monaten in nationales Recht umsetzen würden. Dabei wurde ebenfalls bekräftigt, dass obwohl "Kryptowährungen kein gesetzliches Zahlungsmittel sind, diese nicht verboten werden, da dies Blockchain-Innovationen behindern würde".

Die fünf niederländischen Banken, die über 90 Prozent des niederländischen Retailbankingmarktes kontrollieren, prüfen derzeit eine Implementierung der Blockchain-Technologie in ihren Betrieben. Die Institute ABN AMRO und Rabobank haben sich dem SWIFT Global Payments Innovationsprojekt angeschlossen. ING hat in Zusammenarbeit mit Calypso und dem R3-Konsortium den Test einer Blockchain-basierten Handelsplattform abgeschlossen. Und NIBC hat ein Innovation Lab eingerichtet, um die Übernahme von technologischen Fortschritten innerhalb der Bank zu fördern und um strategische Partnerschaften mit innovativen Blockchain-Unternehmen einzugehen.

Willem Vermeend, der erste offizielle "FinTech-Botschafter der Niederlande", sagte dazu:

"Die Blockchain wird ein bedeutender Teil des Finanzsektors werden, aber wir brauchen eine bessere Zusammenarbeit.  In den Niederlanden gibt es viel Kreativität. Das Problem ist, dass ich mit 20 verschiedenen Akteuren gesprochen habe, die jeweils nicht wissen, was die Anderen tun."

Die niederländische Regierung prüft derzeit, wie die Blockchain-Technologie für eine bessere Bereitstellung von Dienstleistungen und als Katalysator für Demokratie, Transparenz und Partizipation eingesetzt werden kann. Bislang wurden mehr als 30 Pilotprojekte abgeschlossen, bei denen die Blockchain-Technologie in einer Vielzahl von Bereichen wie etwa Einkommenssteuern, Identität, Logistik, autonomes Fahren, Schuldnerberatung etc. genutzt wird.  

ICO

Mit 3.200 Startup-Tech-Unternehmen, die aktuell in den Niederlanden eine Scale-Up-Phase durchlaufen, bieten Initial Coin Offerings (ICO) eine neue Art der Mittelbeschaffung, unterstützt durch digitale Währungen und Blockchain-Technologie. Derzeit werden ICOs nicht von der niederländischen Finanzmarktaufsicht (AFM) reguliert.

"Wenn es um Innovation und sich entwickelnde Märkte geht, haben die Niederlande stets eine vorausschauende Haltung eingenommen. ICO-Initiativen sind keine Ausnahme. In den Niederlanden gibt es Bottom-up-Initiativen wie Meetups und Konferenzen, Ethereum DEV NL, Skycoin Netherlands und den Bitcoin Wednesday, und ein florierendes Startup-Ökosystem mit (Vor-)ICO-Fundraisern. Es überrascht nicht, dass die Berater einiger der erfolgreichsten ICOs des Kalibers Bancor, Kik und Monetha in den Niederlanden leben", erklärt Emanuele Francioni, Gründer von Web3 Ventures.

Merel van Vroonhoven, der Vorsitzende der AFM, warnt aber gleichzeitig:

"Obwohl die AFM die Möglichkeiten der Blockchain-Technologie für Finanzdienstleistungen sieht, weist sie auch auf die hohen Risiken von ICOs während des aktuellen Hypes hin. Das hohe Risiko von Betrügereien und Einnahmeverlusten in Verbindung mit ICOs ist derzeit ein gefährlicher Cocktail."

Bei der letzten Anhörung forderte die AFM, dass ICOs auf internationaler Ebene und auf der Ebene der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) reguliert werden müssten, da sie von Natur aus grenzüberschreitend seien.

Letztes Jahr schloss sich Prinz Constantijn einer hochrangigen Innovatorengruppe an, die aktuell die Europäische Kommission (EC) berät. Am 1. Februar 2018 kündigte das EU Blockchain Observatory and Forum an, dass es "eine Partnerschaft mit ConsenSys, einem auf Ethereum aufbauenden globalen Venture-Produktionsstudio eingegangen ist, um den EU-Binnenmarktes zu unterstützen und um eine grenzübergreifende Zusammenarbeit zu gewährleisten, die dazu beiträgt, Ansichten, Analysen und Visionen aus den Niederlanden in einem Forum auf EU-Ebene zu integrieren und zu konsolidieren", erklärte EU-Sprecherin Nathalie Vandystadt.

Die individuelle Besteuerung von Kryptowährungen

Die Niederlande sind ein spannender Ort für Blockchain- und Kryptowährungsanlagen. Die Anleger sind dabei angehalten, die geltenden grenzüberschreitenden Steuergesetze beim Handel von Kryptwärungen oder anderen symbolischen Investitionsentscheidungen zu berücksichtigen.

"Der niederländische Finanzminister hat angekündigt, dass die niederländische Regierung Krypto-Währungen als "Tauschwaren" einstuft, welche als Kapitalvermögen der Einkommensteuererklärung deklariert werden müssen, sofern nicht aktiv mit Krypto-Währungen gehandelt wird. Somit werden Krypto-Währungen als Erträge aus Ersparnissen und Investitionen besteuert. Das bedeutet, dass man den Wert in Euro am 1. Januar des Jahres deklarieren muss. Eine fiktive Rendite ist über den Marktwert der Ersparnisse und Anlagen des Steuerzahlers, vermindert um seine Verbindlichkeiten, zum 1. Januar zu berechnen. Diese fiktive Rendite wird zu den geltenden Sätzen mit 30 Prozent besteuert", erläutert Martijn de Jong von der Anwaltskanzlei Amstone.

""Nicht gebietsansässige natürliche Steuerpflichtige müssen nur auf bestimmte niederländische Ersparnisse und Investitionen Steuern zahlen. Sollte die Beteiligung eines nicht gebietsansässigen Steuerpflichtigen über die passive Verwaltung von Geldern hinausgehen, könnte eine zusätzliche niederländische Besteuerung zur Anwendung kommen. Derzeit gibt es keine klaren Anweisungen, wie Krypto-Währungen besteuert werden", so De Jong weiter.

Haftungsausschluss: Die Ansichten und Interpretationen in diesem Artikel sind die des Autors und stellen nicht notwendigerweise die Ansichten von Cointelegraph.com oder der Weltbank dar.

Selva Ozelli, Esq., CPA ist eine internationale Anwaltin, mit Schwerpunkt Steuern und CPA, die häufig über Steuern und Buchhaltungsangelegenheiten für TaxNotes, Bloomberg BNA, andere Herausgeber und für die OECD schreibt.