Decentralized Finance, kurz DeFi, ist in aller Munde. Das Niedrigzinsniveau, die stark steigende Inflation und die Komplexität von Geldanlagen im traditionellen Markt führen dazu, dass sich die Menschen nach Alternativen umsehen, um ihr Vermögen zu schützen, zu vermehren oder gar erst zu bilden.

Die Kryptowelt, an sich schon ein Gegenpol zu den klassischen Geldmärkten, hat durch die weiterhin ständig anwachsenden neuen Entwicklungen einen eigenen Bereich völlig neuer Geldanlageformen gebildet. Dabei ist der Hauptunterschied, dass es keinen Mittelsmann bzw. Intermediär mehr geben soll. Der Geldanleger soll also direkt ohne Mittelsmann und damit auch ohne große Regulierungsbeschränkungen und Kosten sein Vermögen direkt investieren können. Gleichwohl ist das nicht bei allen Produkten der Fall. 

Während sich zunächst einfache Anwendungsfälle entwickelt haben, bei denen Kryptowährungen gegen ein einfaches Zinsversprechen verliehen wurden, hat der Markt in den letzten zwei Jahren unzählige Formen von Anlagemöglichkeiten im DeFi-Bereich hervorgebracht.

Die ältesten und beliebtesten Anwendungen sind dabei Staking und Lending. Insbesondere weil sie einfach zu verstehen sind und die Investitionsrisiken relativ gering sind.

Was ist Staking und Lending?

Beim Proof of Work (PoW) liegt wie bei der Kryptowährung Bitcoin (BTC) eine Blockchain zugrunde. Die teilnehmenden Nodes (Miner) verrichten im Bitcoin-Netzwerk eine Art Arbeit – in der Regel durch Rechenleistung. Dieser Prozess heißt Mining und fordert energieintensive Berechnungen mit sehr kostenintensiver Hardware, daher geht dieser mit hohen Stromkosten einher. Um diese Kosten zu decken und die Miner zu motivieren, erhalten diese für die erbrachte Rechenleistung eine sogenannte Mining-Belohnung. 

Im Gegensatz zu Proof of Work wird bei Proof of Stake (PoS) keine Rechenleistung benötigt, um Transaktionen zu legitimieren und zu überprüfen. Nutzer stellen ihre Coins dem Netzwerk zur Verfügung und damit werden die Transaktionen der Blockchain und den Fortgang dieser sichergestellt. Hierfür erhält derjenige, der die Coins zur Verfügung stellt, auch eine Belohnung (Reward). Dieser Prozess heißt Staking.

Das deutsche Bundesministerium für Finanzen (BMF) unterscheidet nach aktivem und passivem Staking. Der Unterschied liegt darin, dass aktives Staking, vom BMF als “Forging” bezeichnet, die aktive Teilnahme am Proof-of-Stake-Verfahren darstellt. In diesem Fall ist der Coininhaber selbst an der Blockerstellung durch seine zum Staking zur Verfügung gestellten Coins beteiligt.

Beim passiven Staking stellt der Coininhaber seine Coins einem Staking-Pool, der in vielfachen Varianten von Börsen oder Protokollen angeboten wird, zur Verfügung, ohne dass er selbst am Proof-of-Stake-Verfahren und damit an der Blockerstellung beteiligt ist.

Beim Lending stellt derjenige, der Coins besitzt, diese einem anderen zur Verfügung und erhält hier ein Entgelt, ähnlich einem Zins bei einem gewöhnlichen Darlehen.

Steuerliche Behandlung von Staking 

Am 10. Mai 2022 hat das BMF ein Schreiben zu “Einzelfragen zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von sonstigen Token” veröffentlicht, in welchem auch dargestellt wird, wie Einnahmen aus Staking und Lending zu versteuern sind.

Staking – Verkauf des Rewards

Sowohl beim passiven Staking als auch beim aktiven Staking (Forging) ist der Erhalt des Rewards und der spätere Verkauf steuerlich relevant.

Beim Verkauf des Rewards ergeben sich keine Unterschiede zwischen passivem und aktivem Staking.

Der erhaltene Reward gilt zum Zeitpunkt des Erhaltes als “angeschafft”, dabei ist dieser zum jeweils geltenden Marktkurs als “gekauft” anzusehen. Für den privaten Staker bedeutet das, dass der Reward bei einem späteren Verkauf innerhalb von 12 Monaten nach dem Erhalt des Rewards als privates Veräußerungsgeschäft steuerpflichtig ist.

Für den gewerblichen Staker ist der Reward, wenn er bilanziert, als Umlaufvermögen oder Anlagevermögen mit dem Marktpreis zu aktivieren. In diesem Fall, wenn der Staker seinen Gewinn mittels Einnahmenüberschussrechnung ermittelt, sind die Anschaffungskosten erst bei einem Verkauf vom Verkaufserlös steuermindernd anzusetzen.

Staking – Besteuerung des erhaltenen Rewards

Bei der Besteuerung des Rewards ist zu unterscheiden, ob es sich wie oben beschrieben um aktives Staking, also der aktiven Beteiligung an der Blockerstellung handelt, oder ob es sich um passives Staking über einen Staking-Pool oder eine Plattform handelt.

Aktives Staking (Forging)

Beim Forging, also einer direkten Beteiligung am Blockerstellungsverfahren, geht das BMF wie bei Mining nunmehr in den meisten Fällen von einer gewerblichen Tätigkeit aus.

Entweder sind die Einkünfte schon deshalb gewerblich, weil sie von einer UG, GmbH, AG oder Ltd erzielt werden, weil diese immer, unabhängig von der Art der Einkünfte, gewerbliche Einkünfte erzielen oder die Einnahmen, die Voraussetzungen für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit erfüllen.

Gewerbliche Einkünfte liegen nämlich immer dann vor, wenn die Tätigkeit nachhaltig ist, (wiederholt ausgeführt wird), auf dauerhafte Gewinnerzielung gerichtet ist und man nach außen am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt. Das BMF bejaht die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr schon durch die Teilnahme am Netzwerk, zudem entspricht die zur Verfügungstellung von Leistung gegen Erhalt eines Rewards einer Dienstleistung. Wenn nun dazu, wie in den allermeisten Fällen, Gewinne erzielt werden und das Staking wiederholt vorgenommen wird, wird es sich um eine gewerbliche Tätigkeit handeln. Das heißt, dass man das Finanzamt überzeugen muss, dass diese Punkte oder zumindest einer davon nicht erfüllt ist, wenn nur gelegentlich oder über einen kurzen Zeitraum an der Blockerstellung mitgewirkt wird.

Liegt Gewerblichkeit vor, so ist grundsätzlich auch ein Gewerbe anzumelden. Für die steuerliche Betrachtung hat dies aber keinerlei Auswirkung. Allerdings erhöht sich durch die Gewerblichkeit der steuerberatende Aufwand gewaltig. Es muss eine Buchführung gemacht werden und es entsteht neben der Einkommensteuer auch Gewerbesteuer. Die Gewerbesteuer ist von ihrer Höhe abhängig vom Hebesatz, den jede Gemeinde selbst festlegt. Da die Gewerbesteuer zu einem festen Anteil auf die Einkommensteuer angerechnet wird, sind die wirtschaftlichen Auswirkungen der Gewerbesteuer nur dann vorhanden, wenn der Gewerbesteuersatz der Gemeinde oberhalb des anzurechnenden Betrages liegt.

Viel gefährlicher dürfte aber eine gegebenenfalls entstehende Umsatzsteuer sein. Während es beim reinen Handel von Kryptowährungen geklärt ist, dass keine Umsatzsteuer anfällt, könnte dies im vorliegenden Fall, da ja von einer Dienstleistung ausgegangen wird, anders sein. Das Schreiben des BMF trifft keine Aussage darüber, ob und bei welchen Tätigkeiten im Zusammenhang mit Kryptowährungen eine Umsatzsteuer anfällt.

Es ist jedoch zu befürchten, dass die Leistung, die ein gewerblicher Forger erbringt, in einem umsatzsteuerlichen Austauschverhältnis mit dem erhaltenen Reward steht. Es wäre dann eine Umsatzsteuer von 19 Prozent aus dem Reward monatlich in Umsatzsteuervoranmeldungen beim Finanzamt zu deklarieren, ansonsten können auch strafrechtliche Konsequenzen drohen. 

Passives Staking

Im Gegensatz zum Forging wird in den allermeisten Fällen beim passiven Staking keine Gewerblichkeit angenommen werden.

Beim passiven Staking von Coins, die im Privatvermögen liegen, sind die Rewards als sonstige Einnahmen mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern. Es gibt eine Freigrenze von 256 Euro: Ist diese überschritten, sind die gesamten Rewards steuerpflichtig. Anzusetzen ist der Marktpreis des Rewards zum Zeitpunkt des Erhalts des Rewards. 

Gerade bei volatilen Währungen ist zu beachten, dass bei einem späteren Kursverlust, der Reward dennoch mit dem (ggf. höheren) Wert zum Zeitpunkt des Erhalts zu besteuern ist. Grundsätzlich hat man dann einen Gewinn aus dem Reward und einen Verlust aus dem Verkauf, allerdings darf man diese nicht miteinander verrechnen. Erschwerend kommt noch hinzu, dass, wenn der Verkauf erst nach mehr als 12 Monaten erfolgt, wirkt sich der Verlust überhaupt nicht steuerlich aus.

Denkbar ist auch ein passives Staking von Coins, die sich im Betriebsvermögen befinden. Dann stellen die Rewards Betriebseinnahmen dar und erhöhen damit den betrieblichen Gewinn, der individuell besteuert wird.

Steuerliche Behandlung von Lending

Auch beim Lending gibt es zwei steuerlich bedeutsame Vorgänge.

Der Erhalt der Gegenleistung für das Lending ist zum Zeitpunkt des Erhalts eine steuerliche Einnahme. Bei Privatanlegern ist es eine sonstige Einnahme, die auch dem persönlichen Steuersatz unterliegt. Beim gewerblichen Anleger ist es eine Betriebseinnahme, die zum Gewinn des Gewerbes zählt.

Die Erträge aus Lending werden im BMF-Schreiben als Anschaffungsvorgänge definiert. Das heißt, dass neben der Versteuerung des Wertes beim Erhalt auch eine spätere Veräußerung innerhalb eines Jahres für Privatanleger steuerpflichtig ist und für den gewerblichen Anleger sogar zeitlich unbegrenzt. Versteuert wird dann die Differenz zwischen Veräußerungserlös und dem Marktpreis im Zeitpunkt des Erhalts der Gegenleistung aus dem Lending.

Klar ist nun immerhin, dass die Verlängerung der Haltefrist auf 10 Jahre für Krypto-Vermögen von Privatanlegern auch dann nicht greift, wenn mit diesen Coins Staking oder Lending betrieben wurde.

Holger Haberbosch ist Steueranwalt und Kryptoexperte. Er berät und vertritt seit vielen Jahren Privatpersonen und Firmen bei steuerlichen Fragen zu Krypto sowie erstellt Steuererklärungen und Gewinnermittlungen bei Handel von Kryptowährungen, Staking, Lending, Mining und NFT.