Falls Sie diesen Artikel hier lesen, ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie ein Unternehmen im Gründungsstadium haben, und dafür jetzt Kapital beschaffen möchten. Welcher Weg ist nun der Richtige? Einerseits das altbekannte Risikokapital, auch Venture Capital (abgekürzt VC) genannt. Hier werden Finanzmittel von Kapitalgebern gesammelt, die ihr eigenes Geld riskieren und im Gegenzug dafür eine Eigenkapitalbeteiligung erhalten. 

Andererseits gibt es das Initial Coin Offering (ICO), dabei werden sogenannte Tokens (virtuelle Münzen) herausgegeben, durch die über die ganze Welt Startkapital gesammelt werden kann. Jeder Anleger der investieren möchte, braucht lediglich einen funktionierenden Internetzugang. Diese innovative Methode erlaubt es Start-Up Unternehmen, Kapital zu beschaffen, ohne dafür Unternehmensbeteiligungen abtreten zu müssen.

Das ICO stellt die Gründerszene auf den Kopf. Wieso sollte ein Unternehmen seine Anteile verkaufen, wenn man auch anders an Kapital kommt? Allerdings hat das Risikokapital (nachfolgend VC) auch noch ein paar Trumpfkarten.

Business angels and the blockchain technology

VC vs ICO: Ziele

Der Prozess der Risikokapitalbeschaffung bietet ein paar Vorteile, so erhält man über die eingestiegenen Investoren Zugang zu Dingen, wie Unternehmensberatung, Wirtschaftsplanung, Skalierbarkeit, Geschäftsbeziehungen oder Umsetzbarkeit. Erachtet man diese Sachen als wichtig, dann heißt die Empfehlung Risikokapital.

Falls es wichtiger ist, das benötigte Kapital möglichst schnell zu beschaffen, und falls die Teilhabe einer größeren Gemeinde an Unterstützern wichtiger ist, als der Einfluss einiger weniger Investoren, dann heißt die Empfehlung ICO.

Young people and the sky

VC vs ICO: Publikum

Ein einfacher Erklärungsansatz ist, ICOs mit einer Geschäftsbeziehung vom Unternehmen zum Privatkunden (B2C) zu vergleichen, während Risikokapital eher einer Geschäftsbeziehung von Unternehmen zu Unternehmen (B2B) entspricht.

Venture Capital Investoren sind meist erfahrene Geschäftsleute, die große Chancen eröffnen können, allerdings auch hohe Ansprüche stellen. Selbst wenn man eine tolle Geschäftsidee hat, braucht es trotzdem noch eine umwerfende Präsentation, einen wasserdichten Business-Plan und ein ausgefeiltes Produkt, um die Investoren zu überzeugen. Das Maß an benötigter Vorarbeit ist also viel höher, als beim ICO. Dafür sind die Wagniskapitalgeber aber meist auch zuverlässiger, betreuen das entsprechende Projekt langfristiger und streben nicht nur nach schneller Rendite. 

ICO Investor kann jedermann sein, egal wer, egal wo. So kann das Geld von Menschen kommen, die selbst auf einem völlig anderen Kontinent leben. Es wird kein funktionierendes Produkt benötigt, genauso wenig braucht es eine große Reputation. Einfach gesagt, gibt es keine zwingenden Voraussetzungen. Solange die Idee genug Menschen begeistert, kann man das notwendige Kapital bekommen.

Ob Erklärungsvideo, Youtube-Kanal, Online-Werbung, Podcast, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, wenn es darum geht, Aufmerksamkeit zu erwecken.

Allerdings sollte beachtet werden, dass die Natur von ICOs meist ein kurzfristiger Kauf/Verkauf ist. Die meisten Investoren möchten über die Tokens einen schnellen Gewinn realisieren und verlassen das Projekt schnell wieder, sobald sich etwaige Hürden auftun.

Diamond blockchain

VC vs ICO: Voraussetzungen

Risikokapital benötigt solide Rahmenbedingungen, ein ausgereiftes Produkt, eine tolle Idee, eine überzeugende Präsentation, usw. Außerdem sollte man bereit sein, Teile des Unternehmens an andere Personen abzugeben (in der Regel mindestens 20%).

ICO – Es gibt keinerlei formale Bedingungen, um ein ICO durchzuführen. Hier kann frei verhandelt werden, was die Käufer der Tokens als Gegenleistung für ihr Kapital erhalten.

A map with a Bitcoin-shaped continent

VC vs ICO: Geography and Accessibility

Risikokapital-Investoren sind meist sehr konservativ. Im Normalfall werden Firmen bevorzugt, die im selben Land sitzen, denn schließlich werden oft auch Meetings abgehalten und Verträge unterzeichnet. Für EU-Bürger ist dies zwar kein Problem, aber für Start-Ups aus Entwicklungsländern stellt dies ggf. ein großes Hindernis dar.

ICO – Es gibt keine Grenzen. Von der Arktis bis zur Antarktis, von überall kann man mitmachen.

VC vs ICO: Öffentliche Wahrnehmung

Bezüglich der öffentlichen Wahrnehmung hat das Risikokapital einen riesigen Vorteil, denn dieser Weg bringt gleichzeitig einen großen Vertrauensvorschuss mit sich, da die Kapitalgeber oft einen entsprechenden Status inne haben und ihre Investitionen sorgfältig überprüfen. Außerdem steht man im Falle des Scheiterns nicht ganz alleine da, denn auch die Investoren tragen Verantwortung. Die eigene Reputation wird also nicht unbedingt nachhaltig beschädigt und so kann man auch für neue Projekte wieder Kapitalgeber gewinnen.

Mit einem ICO begibt man sich in die breite Öffentlichkeit. Sollte man gemachte Versprechen also nicht einhalten können, dann kann dies wie ein Bumerang zurückkommen, indem der Ruf ggf. massiven Schaden nehmen kann. Versuche sich später erneut zu etablieren, fallen umso schwieriger.

Vorteile von Risikokapital (VC)

  • Treue der Investoren
  • Unterstützung, Beratung und Know-How
  • Aufbau von Geschäftsbeziehungen
  • Vertrauensvorschuss

Vorteile des ICO

  • Unabhängigtkeit, keine Eigenkapitalbeteiligung nötig
  • Braucht kein funktionierendes Produkt/Konzept
  • Keine örtlichen Beschränkungen
  • Schnelligkeit – keine Bürokratie