Eine neue Studie der einflussreichen Bank of America übt heftige Kritik an Bitcoin und kommt zu dem Ergebnis, dass die Kryptowährung „stark schwankend“, „unbrauchbar“ und umweltschädlich ist. Dementsprechend würde sich die marktführende Kryptowährung weder als Wertaufbewahrungsmittel noch als Absicherungsmittel gegen Inflation eignen.

Die Studie, die viele altbekannte Kritikpunkte an Bitcoin wieder aufwärmt, steht allerdings im starken Kontrast zu den aktuellen Einschätzungen anderer Großbanken wie Goldman Sachs und JPMorgan, die inzwischen von der Kryptowährung überzeugt sind.

Zunächst sprechen die drei Autoren Francisco Blanch, Savita Subramanian und Philip Middleton dem Krypto-Marktführer die Eignung als Zahlungsmittel ab, da dieser lediglich 1.400 Transaktionen pro Stunde abwickeln kann, während führende Zahlungsdienstleister wie Visa 236 Mio. Transaktionen pro Stunde schaffen. Demnach wäre die Kryptowährung als digitales Geld „unbrauchbar“.

Daran schließt sich das Argument an, dass Bitcoin niemals auf eine wirklich breite Masse an Nutzern verteilt sein wird. Schon jetzt wäre die Konzentration auf wenige Anleger viel zu stark. Nach Ansicht der Ökonomen geht damit eine viel zu geringe Liquidität einher, die zur Folge hat, dass ein paar große Player den Kurs beeinflussen könnten.

So würde es lediglich einen Kapitalzufluss von 93 Mio. US-Dollar brauchen, um den Bitcoin-Kurs um 1 % zu bewegen, wie die Analysten vorrechnen. „Bitcoin reagiert extrem empfindlich auf eine erhöhte Nachfrage in US-Dollar“, so die Schlussfolgerung.

Während es bei Gold 2 Mrd. US-Dollar und bei 20-jährigen US-Staatsanleihen 2,25 Mrd. US-Dollar bräuchte, um deren Kurse um 1 % anzuheben, könnte dies bei der Kryptowährung schon mit einer vergleichsweise kleinen Summe erreicht werden.

Der entscheidende Punkt an dieser Diskrepanz ist, dass der massive Kursanstieg von Bitcoin in den letzten Jahren laut Bank of America keine Erfolgsgeschichte ist, sondern vielmehr ein Armutszeugnis:

„Was ist die Ursache für den enormen Kursanstieg von Bitcoin in den vergangenen Jahren und besonders seit 2020? Die banale Antwort: Geringe Kapitalzuflüsse.“

Die Marktkapitalisierung der Kryptowährung in Höhe von 1,1 Bio. US-Dollar würde nur knapp 10 % der Marktkapitalisierung von Gold entsprechen, weshalb Bitcoin pro zufließendem Dollar knapp doppelt so volatil ist wie das Edelmetall.

Dass es nur wenig Kapital braucht, um den Kurs zu bewegen, führen die Analysten hauptsächlich darauf zurück, dass Großinvestoren, die sogenannten Wale, die ohnehin schon knappe Umlaufmenge der Kryptowährung zusätzlich verringern, indem sie BTC aufkaufen und diese halten: „Die Blockchain-Daten verraten uns, dass die größten Wallets seit Anfang der Coronakrise nicht verkaufen.“

Diese These wird durch die Erhebungen des Krypto-Marktforschungsinstituts Glassnode gestützt, das schätzt, dass 78 % der vorhandenen Umlaufmenge von Bitcoin im Dezember 2020 nicht auf dem Markt verfügbar waren. So können seitdem nur noch etwas mehr als 20 % tatsächlich gehandelt werden.

Während die Anzahl der Krypto-Nutzer immer größer wird, geht die Menge an verfügbaren Bitcoin zurück. Die Nachfrage steigt dadurch im Verhältnis zum Angebot übermäßig stark an, was den Kurs derzeit scheinbar unaufhörlich in neue Höhen treibt.

Die Krypto-Marktforscher von Glassnode interpretieren dies im Gegensatz zu den Analysten der Bank of America jedoch als positive Entwicklung, die die Kryptowährung als Investitionsprodukt legitimiert, da immer mehr Anleger ihre Bitcoin langfristig halten wollen. So weist auch einer der Mitgründer darauf hin, dass das verfügbare Angebot in schnellen Schritten immer kleiner wird (siehe unten):

Blanch, Subramanian und Middleton können dieser Lesart allerdings wenig abgewinnen. So argumentieren sie, dass durch das geringe Angebot bzw. die geringe Liquidität beträchtliche Kursschwankungen entstehen, die in Kombination mit anderen Faktoren dafür sorgen, dass Bitcoin auch in der viel beschworenen Funktion als Absicherungsmittel unbrauchbar ist.

„Bitcoin weist sehr wohl eine Korrelation mit risikobehafteten Finanzprodukten [Aktien] auf, hingegen weist sie keinen Zusammenhang zur Inflation auf, und außerdem ist sie stark schwankend im Kurs“, wie die drei Ökonomen anführen. Daraus schließen sie:

„Dementsprechend ist das Hauptargument für den Besitz von Bitcoin nicht Diversifizierung, sicherer Profit oder der Schutz gegen Inflation, sondern vielmehr die bloße Kurssteigerung, die zwanghaft davon abhängt, dass die Nachfrage das Angebot übersteigt.“

Den meisten Investoren und Anlegern dürfte diese „bloße Kurssteigerung“ jedoch als ausschlaggebendes Argument für eine Investition in die Kryptowährung reichen, denn über die letzten zehn Jahre hat Bitcoin sich als bestes Finanzprodukt überhaupt herauskristallisiert.

Besonders für Unternehmen könnte jedoch ein weiterer Kritikpunkt, den die Bank of America nennt, schwer wiegen. So weisen auch die Analysten mit Nachdruck darauf hin, dass das Mining von Bitcoin umweltschädlich ist.

„Die zunehmende Komplexität des Systems schafft einen ökologischen Teufelskreis aus steigenden Kursen, steigender Hashrate, steigendem Energieverbrauch und letztendlich steigendem CO2-Ausstoß.“

Nach der Rechnung der Bank of America würde eine Bitcoin-Investition in Höhe von 1 Mrd. US-Dollar so viel CO2 ausstoßen wie 1,2 Mio. Dieselfahrzeuge pro Jahr. Demnach wäre die 1,5 Mrd. US-Dollar schwere Investition des innovativen Autobauers ungefähr gleichbedeutend mit der Umweltverschmutzung von 1,8 Mio. Dieselfahrzeugen, was den Grundgedanken der Nachhaltigkeit, der eigentliche Markenkern des Herstellers von Elektroautos, ad absurdum führen würde.

Auch die kleinen Privatanleger kommen nicht ungeschoren davon, denn wie die Forscher berechnen: „Der Kauf eines einzelnen Bitcoin bei einem Kurs von knapp 50.000 US-Dollar hat einen CO2-Fußabdruck von 270 Tonnen, was ungefähr 60 Dieselfahrzeugen pro Jahr entspricht.“

Ob die marktführende Kryptowährung also für viel Dreck sorgt oder die Analysten der Bank of America den Bitcoin nur durch selbigen ziehen, dürfte in den nächsten Tagen noch heiß diskutiert werden.