Das Projekt RSK kündigte am 6. Februar Token Bridge an. Das ist ein Interoperabilitätsprotokoll zwischen der an Bitcoin gekoppelten Sidechain und Ethereum. Das könnte wichtige Auswirkungen auf das aufkommende dezentralisierte Finanzwesen (DeFi) haben.

RSK ist eine Plattform für Smart Contracts, die als Sidechain an die Bitcoin-Blockchain gekoppelt ist. Dabei wird eine gewrappte Version von Bitcoin namens rBTC als nativer Token verwendet. Die Nutzer können die Token durch BTC-Einzahlungen in die Brücken-Wallet von RSK erwerben, die als Kopplung in beide Richtungen fungiert.

Das Team hat nun eine ähnliche Brücke für die Ethereum-Blockchain eröffnet. Sie ermöglicht eine Übertragung in beide Richtungen zwischen den Ökosystemen von RSK und Ethereum. Das bedeutet, dass Ethereum-Nutzer mit den gewrappten rBTC- und RIF-Token von RSK Transaktionen durchführen können und so indirekt mit dem Bitcoin-Ökosystem in Berührung kommen. Dasselbe gilt für RSK-Anwender, die dadurch mit Stablecoins auf Ethereum-Basis, wie etwa dem DAI, in Berührung kommen.

Wie funktioniert das?

Wenn ein Benutzer ein Token aus einer der beiden Blockchains auf einer von RSK angegebenen Adresse hinterlegt, wird eine entsprechende Summe des entsprechenden Side-Token in der jeweils anderen Chain erzeugt. Der Side-Token entspricht dem ERC-777-Standard. Das ist ein neuerer Token-Standard, der rückwärtskompatibel mit dem weit verbreiteten ERC-20-Standard ist.

Jeder Standard-Token auf einer der beiden Blockchains kann durch die Brücke auf die andere übertragen werden. Das Gesamtangebot ändert sich dadurch nicht, da die ursprünglichen Token bis zur Einlösung ihres Pendants eingefroren bleiben.

Cointelegraph wandte sich an Adrian Eidelman, den RSK-Strategen bei der Muttergesellschaft IOVLabs. Er erläuterte genauer, wie die Brücke funktioniert und erklärte, dass das derzeitige System noch nicht vollständig dezentralisiert sei.

Eidelman sagte, um die beiden Blockchains miteinander zu verbinden, beaufsichtige eine Föderation "bekannter und angesehener Community-Mitglieder" den Kopplungsprozess. Der Prozess werde ausgelöst, wenn die Entwickler auf beiden Chains mit dem Brücken-Smart-Contract interagieren. Am Beispiel von Ethereum erklärte er, was passiert:

"Die ursprünglichen Token werden nun in der Ethereum-Chain eingeschlossen, und es wird ein "Ereignis" erzeugt. Dann initiiert die Föderation die Brücke und sendet die Informationen an die RSK-Chain. Sobald aus der Föderation 50 Prozent oder mehr für dieselbe Transaktion gestimmt haben erzeugt die Brücke in der RSK-Chain RRC20-Token für den gleichen Betrag, der auf Ethereum eingefroren ist".

Das Team hält dies nicht für eine vollständig dezentralisierte Maßnahme, aber Eidelman versicherte, dass das System bis Ende des 3. Quartals 2020 eine "vollständige Dezentralisierung" erzielen sollte.

Potenzial für Bitcoin DeFi

Die DeFi-Bewegung beschränkt sich weitgehend auf Ethereum und sein Token-Ökosystem. Vor kurzem wurden über 1 Mrd. US-Dollar an eingefrorenen Vermögenswerten erreicht. ETH wird als Hauptsicherheit genutzt. Durch sein komplexes Kreditsystem wird der Stablecoin DAI generiert. Dennoch wird ein auf Bitcoin basierendes DeFi oft als die nächste Hürde des DeFi angesehen. In einem Interview mit The Spartan Group im November 2019 sagte der Gründer von MakerDAO Rune Christensen:

"Wenn es um eine solide dezentrale Sicherheit geht, halte ich ETH für den König. Der Einzige, der an ETH in dieser Beziehung herankommen kann, ist natürlich Bitcoin".

Aber Bitcoin hat eine sehr begrenzte Smart Contract-Funktionalität, was dieses Anwendungsszenario stark einschränkt. Christensen merkte an, dass die Übertragung von Bitcoin auf Ethereum die Verwendung von Bitcoin als Sicherheit ermöglichen würde. Er verwies dabei auf bestehende Lösungen, wie den Wrapped BTC (WBTC).

Der Transferprozess beim WBTC ist jedoch ein Verwahrungsprozess und kein dezentralisierter atomarer Tausch. Er erklärte, "es ist im Wesentlichen unmöglich, dezentralisiertere Chain-übergreifende Lösungen zu entwickeln".

Die einzige verfügbare Lösung, so Christensen, wäre, viele Bitcoin-Anbieter auf Ethereum zu haben:

"Mit Maker wollen wir das lösen, indem wir statt den WBTC als einzige Quelle für Bitcoin auf Ethereum zu haben, Hunderte von verschiedenen Versionen von gewrappten Bitcoins haben".

Somit könnte die Einführung der Ethereum-Brücke von RSK ein weiterer Schritt in Richtung eines auf Ethereum existierenden und mit Bitcoin besicherten DAI sein.

Maker ist der größte dezentralisierte Stablecoin-Anbieter. Es gibt aber auch andere. Money on Chain ist ein ähnliches Projekt, das auf RSK aufbaut und rBTC als Sicherheit verwendet. Das Projekt hat bereits Interesse gezeigt, über die RSK-Brücke in das Ökosystem von Ethereum einzusteigen. 

RSK kann sich auch ein mögliches Anwendungsszenario vorstellen, bei dem Ethereum DeFi auf ihre Plattform übertragen wird. Eidelman behauptete, der Ethereum-Markt "hat viele Schwierigkeiten" und verwies dabei auf höhere Gebühren und geringere Kapazitäten hin. Das Projekt versteht sich als eine Erweiterung von Bitcoin, der das "stärkste Ökosystem im Blockchain-Raum" sei. Trotz der engen Verbindung ist RSK immer noch ein eigenes Netzwerk.

Bitcoin DeFi könnte schon bald kommen, aber es scheint unwahrscheinlich, dass es auf der Bitcoin-Blockchain basieren wird.