Die Ethereum Foundation hat den 12. April als Starttermin für die lang ersehnten Upgrades Shanghai und Capella – zusammen auch Shapella genannt – auserkoren.
Die Upgrades ermöglichen unter anderem Auszahlungen aus dem Staking von Ethereum 2.0. Der entsprechende Staking Contract wurde ursprünglich im Dezember 2020 eingerichtet. Hier konnten zunächst nur Gelder angelegt werden – ohne die Möglichkeit, diese auszubuchen – was sich mit dem gemeinsamen Upgrade nun ändern soll.
Bisher wurden mehr als 18 Mio. ETH zu einem aktuellen Gegenwert von knapp 32,5 Mrd. US-Dollar seit Dezember 2020 im Staking Contract von Ethereum festgeschrieben.
Schätzungen zum potenziellen Verkaufsdruck variieren
Der Großteil der Nutzer setzt dabei auf sogenannte Liquid Staking Derivatives (LSD) über zentralisierte und dezentralisierte Kryptobörsen, denn über derartige Investitionsprodukte sind ihre Gelder von Anfang an liquide, für sie gibt es nach dem Shapella Upgrade also keinen neuen Grund zu verkaufen.
Dezentralisierte LSD-Plattformen wie Lido machen derzeit knapp 33,2 % aller ETH-Anlagen im Staking auf der Beacon Chain aus. Weitere 27,1 % sind über zentralisierte Kryptobörsen wie Coinbase, Binance und Kraken festgeschrieben, was bedeutet, dass insgesamt 60,3 % aller im Staking befindlichen ETH über Liquid Staking angelegt sind.
Die verbleibenden 40 % sind wiederum „illiquide“ ETH, denn diese sind von Krypto-Nutzern oder dritten Parteien direkt ins Staking gegeben. Und genau dieser Teil der Angebotsmenge könnte durch das neue Upgrade nun frei werden und zum Verkauf gestellt werden.
Laut einer Analyse von Nansen befinden sich 59 % dieser illiquiden ETH-Anlagen im Profit, was einen Gewinn von 3,62 Mio. – 4 Mio. US-Dollar bedeuten würde. Es ist wahrscheinlich, dass diese Gelder vollständig oder zumindest teilweise abgezogen werden, sobald dies nach dem Upgrade möglich ist.
Da sich einige der illiquiden Staker dazu entscheiden könnten, ihre Gelder direkt wieder ins Staking zu geben, schätzt Nansen, dass sich der entstehende Verkaufsdruck bei 1,2 Mio. – 3 Mio. ETH einpendeln wird, wobei natürlich nicht alle ETH gleichzeitig auf den Markt gebracht werden.
Wie verteilt sich der Druck?
Stattdessen führt das Shapella Upgrade ein zweistufiges System für teilweise und vollständige Ausbuchungen ein.
Der Mindestbetrag für das Staking auf Ethereum beläuft sich auf 32 ETH. Die einzelnen Staker werden also wahrscheinlich nur Beträge von etwas mehr als 32 ETH bzw. ihre vollständigen 32 ETH sowie etwaige Rewards aus dem Staking Contract abziehen
Zudem wird es wohl nicht zu einer Situation kommen, in der alle Staker ihre ETH nach dem Upgrade zeitgleich ausbuchen wollen und damit erhöhte Transaktionsgebühren verursachen, denn für die Ausbuchungen fällt keine Gebühr an und diese werden. Auch sollen nur maximal 16 teilweise oder vollständigen Auszahlungen pro Block erlaubt sein, die Anleger müssen also der Reihe nach vorgehen.
Nansen geht deshalb davon aus, dass sich der Verkaufsdruck auf den Ethereum-Kurs in drei Phasen aufteilen wird.
In der ersten Phase, die ersten 27 Stunden nach dem Upgrade, würde der Verkaufsdruck demnach bei knapp 84.000 – 125.000 ETH pro Tag (ca. 133 Mio. – 197 Mio. US-Dollar) liegen.
In Phase 2 steht dann voraussichtlich der maximale Verkaufsdruck an, wenn sich die Anzahl der ausgezahlten und zum Verkauf gebotenen ETH auf 136.000 – 173.000 ETH pro Tag (ca. 218 Mio. – 275 Mio. US-Dollar) summiert. Diese Phase wird vermutlich auf den dritten und vierten Tag nach dem Upgrade fallen.
Die letzte Phase, in der überwiegend nur noch vollständige Auszahlungen übrig sind, wird dann zwischen 19 – 52 Tage dauern und zusätzliche 48.000 – 53.000 ETH pro Tag in den Markt spülen.
Der 30-Day Moving Average für Kapitalzuflüsse auf Kryptobörsen beläuft sich auf 313.533 ETH (knapp 550 Mio. US-Dollar), was wiederum bedeuten würde, dass die zusätzlichen Zuflüsse zwischen 15 – 55 % des Moving Averages ausmachen werden. Dadurch könnte der Ethereum-Kurs also für drei bis acht Wochen gedrückt werden.
Eine andere Berechnung von Arcane Research kommt derweil zu dem Ergebnis, dass ca. 1,3 Mio. ETH in den ersten zehn Tagen verkauft werden könnten. Der Verkaufsdruck wird dabei wohl in den ersten drei Tagen bei einem Wert von 527 Mio. US-Dollar (berechnet mit einem Kurs von 1.800 US-Dollar) seinen Höhepunkt erreichen. Dies wären ca. 6,4 % des täglichen Handelsvolumens von ETH.
Mit nur noch wenigen Tagen bis zum Upgrade werden einige Trader vermutlich versuchen, den resultierenden Kursentwicklungen vorauszueilen, indem sie im Futures-Markt Short-Positionen platzieren. Allerdings zeigt der Futures-Markt bisher keine nennenswerten Steigerungen für Short-Positionen.
Der Auszahlungsbeginn für gestakte ETH reduziert gleichsam das Risiko für Anleger von Liquid Staking Derivatives, die über dezentralisierte Plattformen erworben wurden, denn hierdurch werden diese direkt gegen ETH eintauschbar. Aus diesem Grund könnte das Staking nun also auch für Anleger interessant werden, die sich bisher aus Vorsicht zurückgehalten haben. Womöglich federt dies den entstehenden Verkaufsdruck nochmal leicht ab.
Die Staking-Ratio, also der Prozentsatz der gestakten ETH im Verhältnis zur insgesamten Angebotsmenge, beträgt momentan 14,96 %. Dies ist deutlich weniger als bei anderen Blockchain-Netzwerken mit Proof-of-Stake (PoS) Konsensverfahren. Jedoch ist davon auszugehen, dass dieser Wert für ETH langfristig noch steigen wird.
In der technischen Analyse steht der Ethereum-Kurs bei 1.970 US-Dollar einem Widerstand gegenüber. Durch einen Sprung über diese Marke wäre eine Kletterpartie auf 2.330 oder sogar 2.750 US-Dollar denkbar. Ein Abschwung könnte die zweitgrößte Kryptowährung hingegen auf 1.569 US-Dollar absenken.

Mit dem bevorstehenden Upgrade macht das Ethereum-Netzwerk den größten Schritt seit dem Merge im September 2022. Es ist davon auszugehen, dass Shapella in den ersten Tagen zu erhöhtem Verkaufsdruck führt, der den Kurs zunächst abschwächen wird. Sobald dieser kurzfristige Verkaufsdruck vorbei ist, ist es jedoch möglich, dass mehr Krypto-Anleger den Weg ins Staking wegen weniger Risiko und höheren Renditen finden. Dies könnte sich dann wiederum positiv auf den Kurs auswirken, wenn das Angebot knapper wird.
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