Google hat am Mittwoch, 14. März, angekündigt, dass es Werbetreibenden ab Juni 2018 verboten ist, über das AdWords-Werbenetzwerk Anzeigen im Zusammenhang mit Kryptowährungen zu schalten. Facebook hat bereits im Januar 2018 einen ähnlichen Schritt gemacht.

Das Ziel hinter dem Verbot ist laut dem Leiter für nachhaltige Werbung bei Google Scott Spencer, die Nutzer des Suchmaschinenriesen vor "betrügerischen Inhalten" zu schützen. Diese werden von skrupellosen Akteuren geschaltet, die Kryptowährung und andere Arten von Angeboten nutzen, um Leute online zu betrügen. Spencer schreibt:

"So wie sich die Verbrauchertrends weiterentwickeln und unsere Methoden, das offene Web zu schützen, besser werden, werden auch Online-Betrügereien immer perfider. Die Verbesserung der Anzeigen im Web, sei es durch die Entfernung von schädlichen Anzeigen oder aufdringlicher Werbung, wird für uns weiterhin höchste Priorität haben."

Positive Wendungen in Spencers Text, wie "das offene Web schützen" und "die Anzeigen verbessern", mögen auf den ersten Blick vielversprechend klingen. Aber ein Blick auf die neue Anzeigenrichtlinien von Google zeigt, was im Widerspruch zu allem zu stehen scheint, wofür das Unternehmen steht oder zumindest einmal stand.

Krypto verboten

Mit einem überraschenden Mangel an Rücksicht auf Nuancen, nannte Google "Initial Coin Offerings" und "Ratschläge für Kryptowährungshandel" im selben Atemzug wie "binäre Optionen" und "gleichbedeutende Produkte" bei der Beschreibung von Inhalten, die ab Juni nicht mehr über AdWords beworben werden dürfen.

Manche werden jetzt sagen, dass das Verbot von ICO-Anzeigen gerechtfertigt sei - schließlich ist seit dem Popularitätsanstieg dieses auf Kryptowährungen basierende Kapitalbeschaffungsmodells im Jahr 2017 ein einfaches und ziemlich beliebtes Werkzeug für Betrüger geworden. Damit betrügen sie ahnungslose Anleger um ihr Geld.

Google plant jedoch auch, "Kryptowährungsbörsen" und "Kryptowährungs-Wallets" zu verbieten. Diese beiden Geschäftsarten gab es bereits seit der Einführung von Bitcoin im Jahr 2009 und die meisten von ihnen bieten ihren Kunden echten Mehrwert und treiben das Wachstum der Kryptowährung als Industrie voran.

Ohne das explizit zu nennen, verbietet die neu eingeführte Werberichtlinie zusätzlich sogenannte Blockchain-Plattformen oder Unternehmen, die die Blockchain-Technologie auf irgendeine Weise integrieren. Kryptowährungen sind fast immer ein integraler Bestandteil der Ökosysteme von Blockchain-Plattformen, auch wenn einige Mainstream-Meinungsführer gerne das Gegenteil behaupten.

Dazu gehören beispielsweise die Ethereum-Blockchain als Service von Microsoft, die auf der Plattform Azure oder dem Hyperledger Fabric von IBM angeboten wird. Diese ermöglichen Benutzern unter anderem, digitale Vermögenswerte, auch Kryptowährungen genannt, zu überweisen.

Ironischerweise hätten auch mehrere Unternehmen, in die Google selbst investiert hat, Schwierigkeiten, unter den neuen Richtlinien zu werben. Zum Beispiel Storj, das durch die Kryptowährung des Unternehmens SJCX ermöglicht wurde, oder Veem, das gerade Bitcoin als Vehikel für seine Transaktionen verwendet.

Blockchain.info, eine der führenden Bitcoin-Wallets, in die Alphabet Inc. über seine GV-Abteilung (ehemals Google Ventures) investiert hat, ist nun aufgrund des Werbeverbots für "Krypto-Wallets" von AdWords ausgeschlossen - vorausgesetzt, Google verstößt nicht gegen seine eigenen Richtlinien.

Von Innovation zur Zensur

Und vielleicht wird das Unternehmen sie verletzen. Was hält ein Unternehmen schon auf, das AdWords schon fast im Orwell'schen Doppelsprech als "ein Werbe-Ökosystem für alle" zu beschreibt, während es seriöse Unternehmen davon abhält, es zu verwenden? Und dabei noch behauptet, dass es das "offene Web" schützt, indem es, und das kann man wohl schlichtweg so nennen, eine gezielte Zensur betreibt?

Bei einer so großen Bandbreite von potentiell betroffenen Unternehmen erinnert dieses generelle Verbot von "allen Krypto-Sachen" eher an eine autoritäre, technikfeindliche Regierung, die sich dazu entscheidet, eine Technologie als vogelfrei zu erklären, die sie nicht versteht. Und sich dazu über diese auch nicht informieren will. Das wirkt nicht wie ein Unternehmen, das durch innovatives Denken von einem Garagen-Start-Up zu einem Tech-Riesen geworden ist, der in weit weniger als 10 Jahren die populärste Suchmaschine auf dem Planeten betreibt.

Eine der bekanntesten Verwaltungsmethoden von Google ist die "20-Prozent-Regel": zumindest in der Vergangenheit, erlaubte das Unternehmen seinen Mitarbeitern, 20 Prozent ihrer tatsächlichen Arbeitszeit mit Nebenprojekten ohne Aufsicht oder strenge Richtlinien zu verbringen. Diese Lizenz, Dinge ohne Zensur in Form von Unternehmensaufsicht zu erschaffen, hat Berichten zufolge zu vielen Neuerungen für Google News, Gmail und AdSense geführt. Diese sind einige der wichtigsten Google-Dienste.

Heutzutage ist das Unternehmen jedoch damit beschäftigt eine im Nachhinein offensichtliche Änderung seiner Anzeigenrichtlinien zu leugnen. Diese beziehen sich auf Kryptowährungsgeschäfte und das Zensieren von Wasserpistolen und Burgunderwein auf seiner Shopping-Plattform.

Was passiert ist, kann man nur vermuten. Vielleicht ist Google selbstgefällig geworden, nachdem es sich an der Spitze der Nahrungskette positioniert hat, und sich dazu entschieden, dass das Unternehmen seine eigenen Ideale nicht mehr aufrechterhalten muss. Oder vielleicht glauben sie einfach nicht, dass die Krypto- und Blockchain-Industrie wichtig genug ist, um sich die Zeit zu nehmen, die Spreu vom Weizen zu trennen.

Es gibt Leute die verstehen, dass nicht alles, was das Wort "Kryptwährung" beinhaltet, ein Betrug ist. Und für genau diese, ist die Erkenntnis wichtiger, dass Zensur, die das Ergebnis von uneingeschränkter Autorität ist, genau der Grund ist, warum Blockchain entwickelt wurde: Sie soll dieser ein Ende setzen. Und es ist nicht unwahrscheinlich, dass Google selbst irgendwann diese dunkle Ironie auch erkennt.

Bei Redaktionsschluss wartet Cointelegraph auf Kommentare von Kryptowährungs-Experten in der Industrie, die wahrscheinlich von den neuen Richtlinien von Google betroffen sind. Dieser Artikel wird aktualisiert, sobald wir Kommentare dazu von ihnen erhalten.

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