Südkorea, das Land, das seit dem Investorenboom 2017 an der Spitze der Kryptoindustrie steht, ändert allmählich seine Ansichten über Kryptowährungen. Die Aufhebung des ICO-Pauschalverbots wurde im vergangenen Monat von Regierungsmitarbeitern angekündigt. Das Land hat daraufhin vor kurzem seinen Plan, die vierte industrielle Revolution, angetrieben von Blockchain-Initiativen, anzuführen, lautstark zum Ausdruck gebracht.

Kurze Geschichte der Krypto-Regulierung in Südkorea

Südkorea hat die Kryptoindustrie stark reguliert. Zunächst hat die Regierung im Juli 2017 Bitcoin als Überweisungsmethode zugelassen, wodurch Fintech-Unternehmen südkoreanische Won im Wert von bis zu 17.000 Euro in Bitcoin für Benutzer zu verarbeiten. Infolgedessen waren die lokalen Börsenplattformen an die oberste Finanzbehörde des Landes, die Finanzdienstleistungskommission (FSC), gebunden, die ein Kapital in Höhe von umgerechnet mindestens 374.000 Euro sowie Datenverarbeitungseinrichtungen zum Zwecke des Know Your Customer (KYC) und Anti-Geldwäsche (AML) forderte, um von der Aufsichtsbehörde zugelassen zu werden.

So wuchs die Bitcoin-Industrie in Südkorea weiter - im Juli 2017 verarbeitete der lokale Börsenmarkt bereits über 14 Prozent des weltweiten Bitcoin-Handels und war damit der drittgrößte Markt hinter den USA und Japan - aber bald kam ein vom FSC verhängtes Pauschalverbot für ICOs, das an China erinnerte. Die Behörde erklärte den Schritt mit steigenden Risiken von Finanzbetrug, was Ausverkäufe auf dem Markt ausgelöst hat.

Außerdem verbot die Regierung im Dezember 2017 den anonymen Handel an lokalen Börsen (einfach gesagt heißt das, wenn Ihre Bankdaten nicht mit den Angaben übereinstimmen, die Sie der Börse zur Verfügung stellen, können Sie nicht mit Kryptowährungen handeln). Dazu kam es, nachdem der südkoreanische Premierminister erklärt hatte, dass Bitcoin Kinder " zu illegalen Aktivitäten wie Drogenhandel" hinreißen könnte - auch Ausländer und Minderjährige wurden aufgrund dieser Politik vom Handel ausgeschlossen; Regierungsmitarbeitern wurde daraufhin im März 2018 verboten, Krypto zu besitzen oder damit zu handeln. Der Markt wurde dadurch mehrmals aufgewühlt, als er auf die Nachrichten reagierte. Die Panik verschärfte sich, als bekannt wurde, dass der Bitcoin-Handel ganz verboten werden würde - doch bald wurde die Ankündigung vom Blauen Haus, dem Büro und Amtssitz des südkoreanischen Präsidenten, dementiert.

Zu dieser Zeit hatte das Land laut der selbstregulierenden Blockchain-Industrievereinigung KBA über ein Dutzend Kryptowährungsbörsen, darunter Bithumb, Korbit und Coinone. Die Nachfrage nach Krypto war so hoch, dass Kryptowährungen zu Kursen gehandelt wurden, die um über 30 Prozent höher waren als in anderen Ländern. Kurz nachdem das anonyme Handelsverbot verkündet wurde, hat CoinMarketCap mehrere südkoreanische Börsen von seinen Notierungen entfernt - und sich dabei auf Kursabweichungen berufen. Damit löste die Seite einen starken Einbruch im Markt aus. Besonders betroffen war Ripple (XRP) mit einem unmittelbaren Verlust von über 17 Mrd. Euro Marktkapitalisierung und einem Kursrückgang von fast 30 Prozent.

Am 22. Januar kündigte die südkoreanische Regierung auch eine erhebliche Steuer für lokale Kryptobörsen an. So müssen alle Krypto-Handelsplattformen des Landes eine Körperschaftssteuer von 22 Prozent und eine lokale Einkommensteuer von 2,2 Prozent zahlen.

Große Pläne für die Blockchain

Am 29. Mai schlug die Nationalversammlung offiziell noch einmal vor, inländische ICOs zu legalisieren. Pläne, das vollständige Verbot von ICOs aufzuheben, kamen zwar bereits im Dezember 2017 auf, doch es überrascht wenig, dass die genehmigte Ankündigung erst kürzlich gemacht wurde, da sie mit der Blockchain-freundlichen Haltung der Regierung übereinzustimmen scheint. Als der Abgeordnete Hong Eui-rak von der regierenden Demokratischen Partei Koreas erstmals bekanntgab, dass die Gesetzgeber an der Gesetzesvorlage zur Aufhebung des ICO-Verbotes arbeiteten, sagte er:

"Das Hauptziel (der Gesetzgebung) ist es, Unsicherheiten im Zusammenhang mit Blockchain für Unternehmen zu beseitigen."

In der Tat hat Südkorea große Pläne für Blockchain entwickelt und vor kurzem damit begonnen, diese umzusetzen. Am 22. Juni gaben das südkoreanische Ministerium für Wissenschaft und Technologie (MSIT) und das US-Außenministerium auf einer Pressekonferenz in Seoul ihre Zusammenarbeit bei der Förderung der vierten industriellen Revolution bekannt. Das Weltwirtschaftsforum (WEF), das bereits im Jahr 2016 die vierte industrielle Revolution definiert hat, hat Blockchain von Anfang an als einen seiner Hauptakteure anerkannt.

Dementsprechend hat das südkoreanische Sonderkomitee zur vierten industriellen Revolution unter der Nationalversammlung auf seiner letzten Mitgliederversammlung am 28. Mai erklärt:

"Wir müssen eine Task Force mit privaten Experten bilden, um die Transparenz des Kryptowährungshandels zu verbessern und eine gesunde Handelsordnung zu schaffen [...] Wir werden auch eine Rechtsgrundlage für den Kryptowährungshandel, einschließlich der Genehmigung von ICOs, durch den Ständigen Ausschuss der Nationalversammlung schaffen.

Das Interesse Südkoreas an Blockchain wurde am 21. Juni ebenfalls erneut bestätigt, als das Ministerium für Wissenschaft und IKT eine große Blockchain-Technologieentwicklungsstrategie ankündigte, die darauf abzielt, bis 2022 230 Milliarden Won (etwa 178 Mio. Euro) aufzubringen. Die neue Initiative soll 10.000 Fachleute aus der Blockchain-Branche und 100 Unternehmen in Bereichen wie Immobilien, Online-Voting, Versandlogistik und internationalen E-Dokumenten-Vertrieb fördern und sechs bestehende Blockchain-Pilotprojekte mit Unterstützung des Ministeriums erweitern und monetarisieren.

Im Mai begann sogar Südkoreas Zentralbank die Nutzung von Kryptowährungen und Blockchain zu erforschen. Die Regierung wandte sich der Technologie zu, um ihr Ziel einer bargeldlosen Gesellschaft bis 2020 zu erreichen. Die Hauptziele des Projekts sind Kundenfreundlichkeit und die Reduzierung der Kosten für die Herstellung von physischer Währung.

Auch südkoreanische Unternehmen setzen die Technologie ein. Im April kündigte der südkoreanische Telekommunikationsbetreiber SK Telecom die Einführung eines Vermögenswert-Management-Dienstes mit Blockchain-Technologie sowie einer Plattform zur Vernetzung von Blockchain-Startups mit Investoren an. Laut dem leitenden Vizepräsidenten der Blockchain-Abteilung des Telekommunikationsbetreibers, "ermöglicht der Dienst den Nutzern, alle Bankkonten, Kreditkarten, Flugmeilen und andere nicht-finanzielle Vermögenswerte, einschließlich Kryptowährungen, in einem Korb zu verwalten. Außerdem ermöglicht der Dienst Transaktionen von Vermögenswerten auf Vertrauensbasis".

Die neue Plattform von SK Telecom namens Token Exchange Hub wird ICOs von Startups unterstützen, indem sie sowohl "Technologie- als auch Finanzberater" anbietet. Darüber hinaus hat der koreanische Zoll eine Absichtserklärung (MoU) mit dem koreanischen Betreiber von Malltail, dem führenden Paketdienst für Verbraucher, unterzeichnet. Demnach soll eine Blockchain-basierte Zollplattform für die E-Commerce-Branche entwickelt werden, und eine Gruppe südkoreanischer Geschäftsbanken soll im Juli 2018 eine Blockchain-betriebene Kunden-ID-Prüfplattform einführen.

Außerdem enthüllte der Elektronik-Riese Samsung am 20. Juni eine neue Blockchain-betriebene Logistikplattform namens Cello 3.0 über Samsung SDS, den IT-Zweig des Unternehmens. Anfang Juni kündigte das Unternehmen auch eine Blockchain-Plattform namens Nexfinance an. Ziel dabei ist es, die Wettbewerbsfähigkeit von Finanzunternehmen zu steigern. Der Rivale LG hat vor kurzem auch einen eigenen Blockchain-betriebenen Dienst durch eine Tochtergesellschaft gestartet, die sich auf Informationstechnologie-Dienstleistungen konzentriert. Die neue Plattform mit dem Namen Monachain wurde entwickelt, um eine Blockchain-basierte Logistik in den Bereichen Finanzen, Fertigung und Kommunikation zu ermöglichen.

Strengere Haltung zu Kryptowährungen

Ein weiterer Grund für die Aufhebung des ICO-Verbots ist die Behinderung der lokalen Kryptoindustrie. Als der Vorsitzende des koreanischen ICT Finanz-Konvergenz-Verbandes Oh Jung-geun Pläne zur Gründung eines Blockchain-Zentrums in der Stadt Busan enthüllte, das nach dem Muster des Schweizer Crypto Valley entworfen wurde, betonte er, dass viele südkoreanische Unternehmen nun gezwungen sind, ihre ICOs im Ausland zu halten, weil die Regierung dies verbietet und dem Land erhebliche Unternehmenssteuern vorenthält. Die Herangehensweise der Regierung bezüglich Krypto im Vergleich zur Blockchain wurde auch vom Leitenden Forscher des Blockchain Research Center am Dongguk University Park Sung-joon kritisiert. Er argumentierte, dass unterschiedliche Ansätze zu Blockchain und Kryptowährungen eine potenzielle Gefahr darstellen:

"Im digitalen Vermögenswerthandelsmarkt können virtuelle Währungen und Blockchains nicht getrennt werden, weil sie die richtigen Zahlungsmittel benötigen."

Ein gutes Beispiel ist der Plan von Kakao, ihren ICO im Ausland zu machen. Kakao ist ein großes südkoreanisches Internetunternehmen und -Dienstleister für einen großen Teil der Südkoreaner mit seiner mobilen Messaging-App KakaoTalk. Wie Cointelegraph zuvor berichtete, haben die Kakao-Anwendungen über 90 Prozent Marktdurchdringung in ihren jeweiligen Märkten, einschließlich Fintech, Taxi-Service, Messaging und Social Media. Darüber hinaus konzentriert sich das Unternehmen auf die Integration von Kryptowährungen für seine 12.000 Händler und über 100 Millionen Anwender.

Im März kündigte es Pläne für die Eröffnung einer Blockchain-Plattform an, die sich an die breiteren asiatischen Märkte richtet. Es will Berichten zufolge einen ICO halten, was die lokalen Gesetzgeber dazu veranlasst haben könnte, die geltenden Vorschriften zu lockern, damit Kakao seinen Betrieb im Land weiterführt.

Dennoch bleibt die FSC skeptisch. Im März, kurz nachdem die Nachricht über die Aufhebung des ICO-Verbots aufkam, äußerte der FSC-Vorsitzende seine Bedenken gegenüber inländischen ICOs und berief sich auf hohe Risiken für Investoren im Kryptowährungsmarkt, nämlich Ponzi-Systeme und Betrügereien. Die FSC kommentierte auch das mögliche Kakao-ICO und erinnerte an die derzeitigen Beschränkungen: 

"Auch wenn es kein Verbot von Kryptowährung oder digitalem Vermögenswerthandel gibt, besteht die Möglichkeit, dass der Kakao-ICO als Betrug oder Multi-Level-Verkauf betrachtet wird, wenn man nach der Emissionsmethode geht. Da das Risiko im Hinblick auf den Anlegerschutz sehr hoch ist, hat die Regierung eine negative Haltung gegenüber dem ICO."

Das ist nicht verwunderlich, da die FSC - zusammen mit anderen Regulierungsbehörden - die lokalen Börsen spürbar streng reguliert hat. Nachdem, beispielswese, die lokale Börse UPbit am 11. Mai plötzlich Besuch von Finanzregulierungsbehörden aufgrund von Betrugsvorwürfen bekam, führte die Plattform ein internes Audit durch, das diese Vorwürfe angeblich widerlegte. Interessanterweise wird Upbit von einer Tochtergesellschaft von Kakao betrieben.

Im April wurden auch der Mitbegründer und Geschäftsführer von CoinNest in Korea wegen Verdachts auf Veruntreuung und Betrug verhaftet, weil sie angeblich "Milliarden von Won" aus den digitalen Vermögenswerten der Kunden auf ihre persönlichen Konten übertragen hatten. Außerdem wurde 12 Kryptobörsen angeordnet, den Kundenschutz in ihren Verträgen zu verbessern.

Darüber hinaus hat sich im Mai die Finanzdienstleistungskommission FSC der laufenden Untersuchung von südkoreanischen Kryptowährungsbörsen angeschlossen, die ursprünglich von der Finanzaufsicht (FSS) eingeleitet wurden. Auf Antrag der FSS wird die FSC die Bankkonten der koreanischen Kryptobörsen hinsichtlich der Einhaltung der AML-Standards und anderer Maßnahmen zur Betrugsprävention überprüfen.

Laut dem ursprünglichen Bericht der Korea Times sei Bithumb, die größte Kryptobörse des Landes, die plant, die Verwendung von Kryptowährungen zu popularisieren, das Hauptthema der erweiterten Prüfung. Die Tatsache, dass Bithumb vor kurzem gehackt wurde, während er von den Behörden ins Visier genommen wurde, macht die Situation sogar noch komplizierter. Die Korea Internet- und Sicherheitsbehörde (KISA) hat Berichten zufolge ihre Mitarbeiter in die Büros von Bithumb in Seoul geschickt, um Daten und Aufzeichnungen von Firmencomputern einzuholen.

Nichtsdestotrotz hat der neu ernannte Gouverneur der FSS kürzlich erklärt, dass er "einige positive Aspekte" bei Kryptowährungen sehe. Er erwähnte auch, dass die FSS in Zusammenarbeit mit anderen Regulierungsbehörden an Krypto-regulatorischen "Fragen" arbeiten wird.

Die zukünftigen Regelungen werden zeigen, ob die Regierung ihrem Plan folgt, die lokale Kryptoindustrie mittels positiver Politik zu entwickeln. Im März sagte das südkoreanische Ministerium für Strategie und Finanzen, dass bis Ende Juni ein Steuerrahmen für Kryptowährungen veröffentlicht werde. Während die Behörde noch keine offiziellen Ankündigungen gemacht hat, berichtete das lokale Nachrichtenportal Chosun am 22. Juni, dass in ein oder zwei Jahren eine Kapitalertragssteuer von 10 Prozent eingeführt werden würde. Das wurde jedoch bald vom Ministerium für Strategie und Finanzen dementiert.