Die Bemühungen der Kryptobörse Binance, mehr Transparenz in ihre Reserven zu bringen, haben laut Buchhaltungs- und Finanzexperten, die das Wall Street Journal konsultierte, auch Warnsignale in den Finanzen der Kryptobörse aufgezeigt.
Wie ein ehemaliges Mitglied des Financial Accounting Standards Board (FASB) und Vermögensverwalter feststellte, gibt der von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Mazars veröffentlichte Bericht den Anlegern kein Vertrauen in die Finanzen der Börse, da Informationen über die Qualität der internen Kontrollen und die Art und Weise, wie die Systeme von Binance Vermögenswerte zur Deckung von Fremdfinanzierungskrediten liquidieren, fehlen.
Ein weiteres Warnsignal, das der Zeitung zufolge zu Tage gefördert wurde, sind die fehlenden Informationen über die Unternehmensstruktur von Binance. Dem Bericht zufolge war der Chief Strategy Officer von Binance Patrick Hillmann nicht in der Lage, die Muttergesellschaft von Binance zu nennen, da Binance seit fast zwei Jahren in einer Unternehmensumstrukturierung steckt.
Die Unterschiede zwischen den gesamten Bitcoin-Verbindlichkeiten wurden ebenfalls hervorgehoben. Der Rücklagennachweis (Proof of Reserves) der Börse zeigt, dass Binance zu 97 Prozent besichert ist. Dabei ausgeschlossen sind die Vermögenswerte, die den Nutzern durch Darlehen oder Fremdfinanzierungskonten verliehen wurden. Das deutet darauf hin, dass das Verhältnis von Reserven zu Kundenvermögen von 1:1 nicht erreicht wurde. In dem Schreiben von Mazars heißt es zu diesem Unterschied:
"Wir haben festgestellt, dass Binance zu 97 Prozent besichert ist, ohne die von Kunden verpfändeten Vermögenswerte außerhalb des Geltungsbereichs als Sicherheit für die Vermögenswerte innerhalb des Geltungsbereichs zu berücksichtigen, die durch das Angebot von Fremdfinanzierungs- und Darlehensdienstleistungen verliehen wurden, was zu negativen Salden im Bericht über Kundenverbindlichkeiten führte. Bezieht man die In-Scope-Vermögenswerte mit ein, die über Fremdfinanzierung an Kunden verliehen werden, und von Krediten, die durch Out-Of-Scope-Vermögenswerte überbesichert sind, ist Binance zu 101 Prozent besichert."
John Reed Stark, Senior Lecturing Fellow an der Duke University School of Law und ehemaliger Leiter des Office of Internet Enforcement der US-Wertpapieraufsicht SEC erklärte auf Twitter:
" Der 'Proof of Reserve'-Bericht von Binance geht nicht auf die Effektivität der internen Finanzkontrollen ein, gibt keine Stellungnahme oder Zusicherung ab und bürgt nicht für die Zahlen. Ich habe mehr als 18 Jahre lang bei der SEC in der Durchsetzungsabteilung gearbeitet. So definiere ich Warnsignal."
Nach dem Zusammenbruch von FTX veröffentlichte Binance letzten Monat ein Proof-of-Reserve-System, mit dem Nutzer ihre Vermögenswerte mit Hilfe eines Merkle-Baums verifizieren können. Die Initiative wurde jedoch von den Konkurrenten als "sinnlos" bezeichnet, da keine Verbindlichkeiten mit einbezogen werden.
Mazars hat seinen Prüfungsbericht über die Bitcoin-Reserven von Binance am 7. Dezember veröffentlicht. Laut der internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat die Kryptobörse die Kontrolle über 575.742,42 Bitcoin, die ihren Kunden gehören und zum Zeitpunkt des Berichts einen Wert von 9,7 Milliarden US-Dollar haben. Der Methodik zufolge war Binance zu 101 Prozent besichert", so das Unternehmen.
Der Bericht umfasst die Spot-, Options-, Margin-, Futures-, Finanzierungs-, Kredit- und Ertragskonten der Kunden für Bitcoin und Wrapped Bitcoin (WBTC). Neben dem Bitcoin-Netzwerk wurden auch BTC, die auf Ethereum, BNB Chain und BNB Smart Chain verpackt sind, in die Untersuchung einbezogen, wie Cointelegraph bereits berichtete.
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