Alexander Lipton, ein Akademiker der renommierten amerikanischen Hochschulen Massachusetts Institute of Technology (MIT) und New York University (NYU), erhebt Plagiatsvorwürfe gegen Facebook, da er behauptet, dass Teile aus dem Libra Projektentwurf unrechtmäßig seiner wissenschaftlichen Arbeit entnommen wurden.

Lipton hatte 2018 als Co-Autor an der Studie „Digitale Handelswährung: Wege zu einer stabileren Digitalwährung“ mitgewirkt, auf welche er sich bezog, als er am 26. Juli gegenüber CoinDesk den Plagiatsvorwurf formulierte:

„Ich möchte mich nicht in den Vordergrund drängeln, aber ich kann ihnen bestätigen, dass der Grundgedanke des Libra Whitepapers Wort für Wort aus der Studie übernommen wurde, die ich letztes Jahr zusammen mit Sandy Pentland und Thomas Hardjono verfasst habe.“ 

Dahingehend merkt Lipton an, dass seine wissenschaftliche Arbeit im Libra Whitepaper „nirgends erwähnt wird“, was umso heikler ist, da eine Vorabversion seiner Studie zuvor schon als Titelgeschichte im angesehenen akademischen Fachmagazin Scientific American abgedruckt worden war.

Obwohl die Argumentationskette im Libra Projektentwurf zwar beträchtliche Ähnlichkeiten aufweist, weicht die eigentliche Umsetzung jedoch in einigen Punkten ab. So erklärt Lipton, dass sein ursprünglich vorgeschlagener „Tradecoin” zur Wertstabilisierung an verschiedene Rohstoffe angebunden werden sollte. Dazu hieß es in der Studie:

„Die Blockchain-Teilnehmer [Anm. d. Red.: ähnlich den Konsortiumsmitgliedern bei Libra] können Öl, Gold, Metall oder landwirtschaftliche Erzeugnisse als Absicherung einbringen. Da die Einlagerung dieser Rohstoffe aufwendig ist, wird dafür ein Gegenwert genutzt, der wiederum in einem Depot verwahrt wird.“

Wie Lipton selbst erklärt, weicht Facebook von diesem Gedanken ab, was ein grundlegender Unterschied zwischen den beiden geplanten Digitalwährungen ist. „Wir hatten Rohstoffproduzenten, supranationale Organisationen und vielleicht auch ein paar große Zahlungsdienstleister als Blockchain-Teilnehmer vorgesehen, aber nicht Unternehmen wie Uber“, so der Akademiker.

Begünstigt Libra Inflation?

Zusätzlich bringt dieser noch an anderer Stelle Kritik an. Obwohl Libra im Projektentwurf und in den parlamentarischen Anhörungen bisher wiederholt betont hat, dass es dem Social-Media-Konzern ganz besonders auch um die „finanzielle Inklusion“ wirtschaftsschwacher Bevölkerungen geht, warnt Lipton, dass die Facebook Kryptowährung in den entsprechenden Ländern womöglich für eine massive Inflation sorgen könnte:

„In den Entwicklungsländern wird dadurch eine enorme Inflation entstehen, da die Geldmenge quasi verdoppelt wird, eigentlich sogar mehr als verdoppelt. […] Ich bin zwar kein Anhänger der quantitativen Geldtheorie, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass die Preise drastisch nach oben gehen, wenn die Geldmenge schlagartig expandiert.“

Copy & Paste der Geist der Branche?

Schon am 22. Juni hatte Ethereum World News darüber berichtet, dass das Unternehmen Hedera Hashgraph ebenfalls Plagiatsvorwürfe gegen Facebook erhoben hatte, wobei es speziell um die Ausgestaltung der Libra Association ging.

Eine Studie des Wall Street Journals hatte 2018 ergeben, dass knapp 16% aller „Whitepapers“ von Blockchain-Projekten im Verdacht stehen, betrügerisch, irreführend oder geklaut zu sein.

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