Der als Crypto Valley bekannte Kanton Zug möchte bei der Entwicklung der Blockchain-Technologie die Nase ganz vorne haben. Dafür sorgt unter anderem Oliver Bussmann, Präsident der Crypto Valley Association (CVA).

Zuvor war Oliver Bussmann als Innovationschef bei der UBS tätig und gründete danach seine eigene Beratungsfirma. Jetzt setzt er sich seit einem Jahr als Präsident der Crypto Valley Association in Zug für den Aufbau eines Blockchain-Ökosystems in der Schweiz ein.

“Cointelegraph auf Deutsch” hat Oliver auf der “Crypto Valley Conference” in Zug getroffen und hat ihm ein paar Fragen gestellt - über die CVA, ihre Pläne und bevorstehende Herausforderungen und auch darüber, in welchen Bereichen man ein erfolgreiches Blockchain-Unternehmen gründen kann.

Cointelegraph auf Deutsch: Könnten Sie uns bitte etwas über die Initiative “Crypto Valley Association” erzählen?

Oliver Bussmann:  Die Idee des “Crypto Valley” geht auf Januar 2014 zurück, als John Gevers, Gründer und CEO der Blockchain-Transaktionsplattform Monetas, damit begann, den Grundstein für die Schaffung eines globalen Hubs für Blockchain-Unternehmen zu legen. Das war der Anstoß für andere Unternehmen, sich mit Experten aus verschiedenen Bereichen zusammen zu setzen.  Mit der Zeit hat sich schon ein kleines Ökosystem mit 10-20 Start-ups gebildet und es gab bereits informelle monatliche Treffen. Dann kamen 10 Leute (darunter die Gründer der UBS, PricewaterhouseCoopers, Thomson Reuters, ConsenSys, Luxoft und Monetas - CT) auf die Idee, das zu institutionalisieren. Auch Institutionen wie der Kanton Zug und die Universität Luzern unterstützen diese Initiative.

So entstand die Crypto Valley Association im Jahr 2017. Unser Ziel war und ist es, nachhaltig die Blockchain-Technologie zu fördern und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Wir arbeiten mit Start-ups zusammen und wir haben viel investiert, um neue Projekte in die Schweiz zu bringen. Wir bereiteten die sogenannte Onboarding Guideline vor, wir versuchten, Investoren und Experten für diese Start-ups anzulocken und gleichzeitig mit der Regierung und dem Kanton Zug über steuerliche und rechtlichen Dinge zu diskutieren. Ja, 2017 war das Jahr der ICOs in der Schweiz, das Thema ist so populär geworden, dass man es auf Regierungsebene einfach nicht mehr ignorieren konnte.

CT: Plant die CVA, sich landesweit oder sogar international zu erweitern?

OB: Jetzt haben wir Kunden aus verschiedenen Branchen und aus der ganzen Welt und positionieren uns global. Mittlerweile haben wir 800 Mitglieder - davon sind gut 300 außerhalb der Schweiz. Wir organisieren auch Treffen, veranstalten Events und setzen stark auf Forschung, indem wir mit 20 Professoren weltweit zusammenarbeiten. Und heute ist die Konferenz (Crypto Valley Conference - CT) ja ein Höhepunkt, weil wir eine der wenigen Konferenzen veranstalten, die einen akademischen Fokus haben.

CT: Arbeitet die CVA auch mit Geldinstituten, damit sie bessere Bedingungen für Blockchain- und Krypto-Startups schaffen?

OB: Wir haben uns das für dieses Jahr als Ziel gesetzt. Also eine Herausgebung ist, dass wenige Schweizer Banken mit ICOs mit Kryptogeld arbeiten wollen. Aber das Thema ist mittlerweile so eskaliert - sogar auf der Bundesebene, dass sich auch die Bundesregierung damit beschäftigt und mit den Banken redet. Aber es ist generell im europäischen Bankenbereich aufgrund der Aufsichtspflicht problematisch, da kein staatliches Geld oder E-Geld transferiert werden. Auch diese komplexen Regelwerke und Anforderungen zu „Anti Money Laundering“ erleichtern die Situation nicht. Aber es wird sich ändern - wir müssen nun das ganze Thema noch weiter professionalisieren und alle Regeln klarer definieren.

CT: Wenn ich ein Unternehmen im Crypto Valley gründen möchte, dann in welchem Bereich? Was würden Sie mir empfehlen?

OB: Momentan gibt es einen großen Bedarf an Projekten aus der Bankwirtschaft, Finanzen, Supply Chain, Gesundheitswesen. Finanzen braucht man eher in der Gründung von neuen Ökosystemen, so dass außerhalb der klassischen Finanzdienstleistungen noch andere Produkte und Services angeboten werden. In der Schweiz ist auch die Blockchain in der öffentlichen Verwaltung nachgefragt.

CT: Braucht man die Blockchain-Technologie wirklich in fast allen Bereichen?

OB: Nicht in allen, aber es ist normal, dass gerade so viele Blockchain-Projekte entstehen - man muss vieles ausprobieren, und wenn bestimmte Sachen nicht durchkommen, entsteht trotzdem Mehrwert. Ja, 90% der Start-ups können in diesem Blockchain-Boom nicht überleben, aber in diesem Prozess entstehen viele innovative dezentrale Geschäftsmodelle, neue Lösungen, alternative Marktstrukturen. Und wenn jemand hier durchfällt, lernt man danach auch viel.

CT: Sehen Sie keine Konkurrenz seitens Malta oder Liechtenstein in diesem Kampf um den besten Krypto-Standort in Europa?

OB: Liechtenstein, Malta, Gibraltar, Frankreich - es ist mir bewusst, dass die Schweiz nicht das einzige Land ist, das sich gegenüber dem Krypto-Boom aufgeschlossen zeigt. Und diese Konkurrenz finde ich gut - es ist ein Grund mehr für uns, weiter unsere Arbeit zu machen und unsere Expertise zu erweitern. Aber die Reputation der Schweiz ist sehr akkurat, was solchen Fragen wie Beratung, Steuer und Recht angeht - das macht uns konkurrenzfähig.

CT: Die Regierung in der Schweiz ist offen in Sachen Kryptowährungen und Blockchain. Begrüßt die Schweizerische Nationalbank es auch?

OB: Die Schweizer Notenbank befindet sich in der Zwickmühle: wenn sie nichts tut, werden die Kryptowährungen Überhand nehmen, und wenn sie was tut, wird die Bankenlandschaft destabilisiert.

Die Rolle der Nationalbank und allen anderen Banken mit Kryptowährungen ist heute definiert. Ich habe mein Geld auf einem Bankkonto. Dieses Konto wird es in der Zukunft nicht mehr geben - ich werde es selbst ohne Mittelmann führen - und dadurch wird das Bankensystem destabilisiert. Das ganze Korrespondenzbankgeschäft wird Schwierigkeiten haben - ganz klar, dass die Banken das Ganze umstritten finden.

CT: Was fehlt noch in Ihrer Arbeit, damit das Crypto Valley sich weiter erfolgreich entwickelt?

OB: Wir müssen noch mehr an rechtlichen Aspekten, moralischen Einordnungen und Fragen der Sicherheit arbeiten - gerade gibt es diese Diskrepanz zwischen der Krypto- und normalen Welt. Wir denken darüber nach, eine selbstregulierte Organisation aufzubauen. Wir wollen auch einen Code of Conduct, also Verhaltenskodex, herausgeben, der Richtlinien für die Durchführung von und Beteiligung an ICOs bieten und dadurch noch größere Stabilität gewährleisten soll. Das heißt, wir wollen Expertise über das Thema ICOs und Krypto-Vermögenswerte aufbauen, um im Auftrag Firmen zu prüfen.