Telegram wurde als "die beliebteste Messaging-App für Kryptowährungen" von diversen Mediendiensten bezeichnet, darunter Forbes-Magazine. 84 Prozent aller Blockchain-basierten Projekte verzeichnen eine aktive Telegram-Gemeinschaft.

Seit einigen Tagen ist Telegram von einem Bann Russlands gegen Internetdienstleister betroffen. Es fing mit der Weigerung Telegrams an, Verschlüsselungsinformationen an Russlands Sicherheitsdienste weiterzugeben.

Der Gründer von Telegram Pawel Durow gibt zu Protokoll, dass sich kein deutlicher Abfall in der Nutzung und dem Engagement auf der Plattform seit Beginn des Verbots verzeichnen lässt. Tatsächlich waren Nutzer in der Lage, das Verbot über VPNs zu umgehen. Durow hat ebenfalls betont, dass er den resistenten Individuen und VPN-betreibenden Unternehmen Millionen in Bitcoin zukommen lassen will, für ihrendigitale Widerstand, wie er es nennt.

Telegrams Gründung, seine Erfinder und Nutzer

Telegram wurde 2013 von den  Brüdern Nikolai und Pavel Durow aus Russland gegründet. Zuvor erschufen die beiden ein "russisches Facebook" namens  VKontakte.  2014 allerdings verkauften und verließen sie das Unternehmen aufgrund eines Zusammenstoßens mit der Regierung in Bezug auf die Privatsphäre und Meinungsfreiheit der Nutzer.

Telegram verzeichnete bereits im Februar 2016 100 Mio. aktive Nutzer pro Monat. Vor kurzem wurde bekannt, dass diese Zahl inzwischen auf  200 Mio. geklettert ist.

Laut Daten auf  Tokenmarket besitzt Telegram mehr ICO-Diskussionsgruppen als irgendeine andere Nachrichtenapplikation, wie ein der unten angefügte Graph von Telegrams  ICO-Whitepaper zeigt.

Offizielle ICO-Diskussionsgruppen

Bildquelle: Telegrams ICO-Whitepaper, Seite 12

Die Anzahl an Telegram-Anhängern von Kryptoprojekten, sowie die Wachstumsrate der Gemeinschaft wird als Erfolgsmetrik  von Investoren herangezogen. Einige Projekte haben das Limit von 50.000 Anhängern erreicht und eine zweite Gruppe gegründet.

 Telegrams Offenes Netzwerk (TON) wird das Sprugbrett für "The Open Network" sein und 2021 wird der Name "Telegram" dann aufgegeben werden, wie deutlich aus dem Whitepaper hervorgeht.

"Bis 2021 wird die grundlegende Vision und Architektur von TON implementiert und eingesetzt sein. TON wird dann das "Telegram"-Element in seinem Namen fallen lassen und zu "The Open Network" werden."

Telegrams ICO-Ziele, Finanzierungsrunden und generierte Summen

In seinem Whitepaper identifiziert Telegram diverse Herausforderungen für die allgemeine Adaption von Blockchain-Technologien und Kryptowährungen: Skalierbarkeit, die Komplexität für den Durchschnittsnutzer sowie die Verfügbarkeit von Gütern und Dienstleistungen, die mit Krypto gekauft und verkauft werden können.

Aufgrund der Tatsache, dass Telegram keine existierende Blockchain-Plattform identifizieren konnte, die den Aufstieg von Kryptowährungen in den Mainstream 2018 ermöglichen würde, entschied man sich zur Konstruktion einer eigenen Blockchain-Plattform, die diesen Anforderungen entspricht.

Bisher hat Telegram zwei vorläufige ICO-Runden mit einem Volumen von je 690 Mio. Euro  abgehalten, die zusammengenommen so rund 1,38 Mrd. Euro  generierten, obwohl die Teilnehmeranzahl jeweils unter 100 lag. Eine dritte ICO-Runde wird eventuell in Erwägung gezogen und könnte, wenn Telegram sich für die Durchführung entscheidet, eine Rekordsumme von 2,1 Mrd. Euro einfahren.

Das Entwicklerteam wird 4 Prozent der Token mit einer 4-Jahres-Sperrfrist einbehalten, während 52 Prozent der Token in die TON-Reserve wandern und so 44 Prozent für Investoren zur Verfügung stehen. Es wird erwartet, dass Investoren die TON-Token (Grams) im vierten Quartal von 2018 erhalten.

Es sollte angemerkt werden, dass sich einige prominente Investoren gegen die Teilnahme am Projekt entschieden haben, wie in diversen Artikeln erwähnt wurde.

TON vs. Alternativen

Bisher waren die größten ICOs  die von Filecoin (knapp 209 Mio. Euro), Tezos (188,4 Mio. Euro) und Polkadot (118 Mio. Euro). Das technische TON-Whitepaper liegt auf einer vergleichbaren Ebene mit anderen Projekten.

Chart

Bildquelle: Telegrams technisches ICO-Whitepaper, Seite 74

Laut dem Whitepaper präsentiert sich TON selbst als eine "5. Generation" von Blockchain. Telegram plant, mit dem ICO eine ähnliche Blockchain-Plattform wie Polkadot und nicht nur eine bessere App zu bauen. Telegrams Nutzerbasis mit 200 Millionen aktiven Usern zurzeit könnte dabei helfen, diese neue Blockchain-Plattform von Anfang an erfolgreich auf dem Markt zu platzieren.

Polkadot, das neben EOS und Cosmos als 4. Blockchain-Generation auftritt, generierte insgesamt rund 118 Mio. Euro, während TON in zwei Vorverkaufsrunden bereits 1,38 Mrd. Euro sammelte. Ein interessantes Thema werden die Innovationen sein, die TON mit Hilfe solcher Summen entwickeln kann.

Russischer Bann

Das zurzeit in Dubai stationierte Telegram-Team wird vom russischen Bundessicherheitsdienst (FSB) unter Druck gesetzt , welcher die Freigabe von Verschlüsselungsinformationen fordert.

Telegram hat Klage gegen die Entscheidung eingereicht und da die Gründer bereits gezwungen waren, ihre erste Firma nach dem Verlust eines Rechtsstreites mit der russischen Regierung zu verkaufen, ist die Lage besonders prekär. Die Hauptvorteile, die Telegram seinen Nutzern bietet, sind Privatsphäre und Sicherheit; wenn sie die Verschlüsselungsinformationen weitergeben, würden die privaten Informationen kompromittiert werden.

Russland ist nicht das einzige Land, das Zugriff auf die verschlüsselten Nachrichten fordert; Auch der Iran hat in den letzten Monaten Informationen angefragt und eine Blockade diverser Kanäle gefordert. Irans Innenminister Abdolreza Rahmani Fazli behauptet, der Missbrauch sozialer Netzwerke wie Telegram durch gewisse Individuen sorge für "Gewalt und Angst" und betont, dass "solch ein Verhalten zerstört wird". Durows Antwort auf Twitter:

Vor kurzem wurde bekannt, dass Russland nun das angedrohte Verbot angesichts der Verschlüsselungsdebatte gegen Telegram realisiert. Russland verzeichnet lediglich 7 Prozent der Telegram-Nutzerbasis, aber es ist insofern wichtig für Durow, da es sein Heimatland ist und das Verbot einem realen Kampf zur Meinungsfreiheit vorausgehen könnte.

Doch aufgrund seiner Wichtigkeit in der Krypto-Gemeinschaft als beliebtester Nachrichtendienst, seiner 200 Mio. aktiven Nutzer und seiner Funktion als Erfolgsmetrik für Investoren wird es vermutlich schwierig für Russland, Telegram tatsächlich zu verbieten.

Telegrams Gründer Durow bestätigte das Verbot vor Kurzem auf seinem offiziellen Telegram-Kanal und betonte die Wichtigkeit von VPNs.

"Trotz des Verbots haben wir bislang keine nennenswerte Abnahme des Nutzerengagements feststellen können, da Russen dazu neigen, das Verbot mit VPNs und Proxies zu umgehen. Wir verlassen uns auf darauf, dass Cloud-Dienste von Drittanbietern für unsere Nutzer dort teilweise verfügbar bleiben.

Um Internetfreiheiten in Russland und anderswo zu unterstützen, habe ich begonnen, Einzelpersonen und Firmen, die socks5-Proxies und VPN betreiben, Bitcoin-Zuschüsse zukommen zu lassen. Ich bin glücklich, in diesem Jahr Millionen von Dollar für diese Sache zu spenden und hoffe, dass andere Leute folgen werden. Ich habe dies die digitale Resistenz genannt - eine dezentralisierte Bewegung, die für digitale Freiheiten weltweiten Fortschritte steht. "

Wie man die Blockade umgeht

Es gibt verschiedene Methoden, das Verbot zu umgehen: 

Proxies

Proxies sind die erste Option, welche den Nutzern Anonymität verschafft, indem sie sich hinter ihren IP-Adressen verstecken. Allerdings schützen sie die Daten nicht durch eine Verschlüsselung von Internet Service Providern (ISPs).

VPNs

VPNs ermöglichen diesen Datenschutz vor ISPs. Das mögliche Problem mit traditionellen VPNs ist, dass Nutzer ihr Vertrauen von ihren ISPs auf zentrale VPNs verlagern. Diese VPNs halten Nutzerinformationen, die sie auf Anfrage an eine Regierung- oder Rechtsvollzugsbehörde weitergeben könnten.

dVPNs

Daher sind dezentralisierte VPNs (dVPNs) der nächste Schritt für Nutzeranonymität und Datenschutz. Decentralized VPNs nutzen Blockchain-Technologien und werden von renomierten Investoren wie Sequoia, Andreessen Horowitz und Tim Drapers DFJ unterstützt .

Während Russland und der Iran versuchen, den Bann von Telegram zu realisieren, könnten sie starken Widerstand durch Nutzer erfahren, die mit der Nutzung solcher Services wie dVPNs beginnen.

Davon abgesehen bedeutet die gigantische Summe, die von Telegram durch die zwei Vorverkaufsrunden im ICO generiert wurde, dass die App eine Menge Ressourcen angehäuft hat, um ihre Leistungen zu verbessern und etwaige Versuche zur Freigabe von Verschlüsselungsdaten und einer Verbannung der App abwehren kann.

Digitale Resistenz

Telegram spielt eine zentrale Rolle in der Krypto-Gesellschaft, die über die Gewährleistung der Sicherheit und Privatsphäre der Nutzer hinausgeht. Sogar Edward Snowden, der Telegrams Sicherheitsmodell zuvor kritisierte, unterstützt inzwischen den Widerstand des Messaging-Dienstes gegen die limitierenden Aktionen der russischen Regierung.

Der Bann könnte eventuell sogar mehr Leute aus der Krypto-Gemeinschaft anlocken, da der Messenger seine Bemühungen intensiviert, seine Nutzerinformationen anonym und sicher zu belassen.

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