Als der venezolanische Präsident Nicolas Maduro der Welt Petro vorstellte, galt er als Anführer einer begeisterten Gruppe von Anhängern, die Petro für eine bahnbrechende, vielversprechende Idee hielten. Eine von der Regierung unterstützte, ölgebundene Kryptowährung, die der maroden venezolanischen Nation in ihrer Krisenzeit mit einer übermäßig aufgeblähten Währung helfen würde.

Der Hype und die Versprechen rund um Petro wurden jedoch bald seziert und auseinandergenommen, als sowohl die Bevölkerung Venezuelas als auch die, die aus eigenem Antrieb ins Exil gegangen waren, anfingen, Petro als einen einzigen großen Betrug anzusehen.

Maduro preist seine digitale Währung unterdessen weiter an und fordert OPEC Länder zur Mitarbeit und zur Einleitung des Vorverkaufes auf. Da allerdings der Rest der Welt, allen voran die USA, ihre Tiraden gegen Petro weiterführt, bleibt abzuwarten, welche Folgen das Ganze für Bevölkerung Venezuelas haben wird. 

Probleme im Anmarsch

Zunächst muss die politische und sozio-ökonomische Situation in Venezuela verstanden sein, bevor man eine rein finanzielle bzw. wirtschaftliche Prognose abgegeben werden kann, speziell im Bezug auf Kryptowährungen - staatlich unterstützt oder anderweitig.

Die politische Situation ist kompliziert. Generell gibt es zwei Fraktionen in Venezuela; Eine Seite besteht aus den Chavistas, wie sich die Anhänger der Sozialpolitik des verstorbenen Präsidenten Hugo Chavez nennen, die andere aus jenen, die ein Ende der 18-jährigen Vorherrschaft der Vereinigte Sozialistische Partei Venezuelas nicht abwarten können.

Maduro ist ein Anhänger der Sozialpolitik und vertritt die gleichen Ansichten wie sein Vorgänger. Er war bisher allerdings nicht in der Lage, mit dem gleichen Erfolg wie dieser zu herrschen. Stattdessen wuchs unter seinem Regime die Unzufriedenheit weiter an.

Neben einer kollabierenden Wirtschaft und Hyperinflation leidet das Land seit Jahren unter permanenten politischen Krisen. Vielen Berichten zufolge sei die Krise mitverantwortlich für die erhöhte Nutzung von Kryptowährungen um dem Verfall der lokalen Währung entgegenzuwirken.

Zwar wird von intensivem Mining  berichtet, allerdings sei Kryptowährung nur einem kleinen Teil der Bevölkerung tatsächlich zugänglich, berichten jene, die den Zusammenbruch erlebt haben.

Begrenzte Krypto-Möglichkeiten

Scheinbar gibt es den Trend zur Unterstützung des Petro. Auf der anderen Seite stehen jene, die den Hype auf gesponserte Propaganda-Kampagnen über soziale Netzwerke wie Twitter zurückführen. Der Hashtag #AlFuturoConElPetro, was soviel bedeutet wie "Mit Petro in die Zukunft" wurde sowohl von staatlichen Agenturen und Unterstützern und sogar dem Presidenten persönlich aufgenommen.

Im Gespräch mit dem Cointelegraphen erzählt 'Ricardo', der vor Kurzem aus Venezuela ins Exil ging, dass Kryptowährungen schwer zugänglich seien und diejenigen, die sie in die Wirtschaft einbringen können, lediglich einen kleinen Anteil der Bevölkerung ausmachen.

"Aktuell leben mindestens 80 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Nur ein sehr kleiner Anteil der Bevölkerung besitzt die ökonomischen Mittel und Ressourcen, die nötig sind, um tägliche Transaktionen mit Kryptowährungen abzuwickeln; Wenige Menschen besitzen ein Smartphone und davon besitzt ein noch kleinerer Anteil das technische Know-How um zu verstehen, wie Kryptowährungen funktionieren. Deswegen ist Petro eventuell ein Ersatz für den gescheiterten Bolivar, aber noch lange keine Lösung für die Menschen hier."

Nichtsdestotrotz versucht diese kleine Gruppe alles, damit der Petro funktioniert und nutzt jede Gelegenheit, um einen Profit zu erwirtschaften. "Sie können darauf wetten, dass diese Leute jedes [Investment und jede Spekulation] eingehen werden, sobald die Möglichkeit auf einen Profit besteht.", erklärt Ricardo. Er hebt allerdings nochmals hervor, dass nur ein kleiner Teil der Bevölkerung diese Chance hat.

"Die Venezolaner beziehen politisch Stellung und heutzutage lehnen die meisten das Regime unter Maduro ab. Allerdings sind Venezolaner auch spontane Opportunisten wenn es um persönliche Bereicherungen geht, vor allem in ökonomischer Hinsicht. Wenn man auf zu dieser kulturellen Eigenschaft noch die Tatsache berücksichtigt, dass das Land sich aktuell in seiner schlimmsten wirtschaftlichen, sozialen und politischen Krise der modernen Zeit befindet, wird verständlich, warum der Petro für die Venezolaner zum Katalysator wird."

Laut Ricardo werde aber auch der Teil der Krypto-Nutzer in Venezuela, der sich für Petro entscheidet, nicht sein gesamtes Vermögen in die Kryptowährung stecken.

"Auf gar keinen Fall werden sie alle ihre Rücklagen in Petro investieren. Die eine Tatsache, die dem Großteil des Landes inzwischen bewusst geworden ist, ist, dass das Regime unter Maduro jede Möglichkeit nutzt, die Macht an sich zu reißen. Wir haben in der Vergangenheit schon alles gesehen: großflächige Propaganda, archaischen Wirtschaftsmaßnahmen, Währungskontrollen und Finanzpläne, die nur dazu dienten, hochrangige Regierungsbeamte noch reicher zu machen, während die Massen durch Hunger und Angst kontrolliert wurden."

Petro-Propaganda

Im Anschluss an Ricardo, illustriert der Venezolaner 'Luis', ebenfalls im Gespräch mit dem Cointelegraphen, dass es nicht genügend junge, tech-affine Bürger gibt, die sich bei Petro einkaufen könnten:

"Es wird nicht viel darüber gesprochen. Durch dem massiven Exodus hat jeder junge Mensch oder Bürger mit einem Abschluss das Land inzwischen verlassen. Wer noch hier ist, wurde 'zurückgelassen'. Dies sind nicht die unbedingt "technologisch Bewanderten"."

Venezuela wird laut Berichten trotz allem als "Mecca des Minings" bezeichnet, aufgrund seiner billigen Elektrizität und aufgrund der hohen Nachfrage um die gescheiterte Lokalwährung zu ersetzen. Aber auch die Krypto-Miner haben laut Luis düstere Zeiten hinter sich:

"Es ist nachprüfbar, dass Antmain große Teile seiner Ausrüstung an Venezolaner verkauft hat. Alles ging den Bach hinunter, als die Polizei anfing, jene Leute mit einer Mining-Farm aufzuspüren und auszurauben, einzusperren oder zu kidnappen."

In Venezuela tauchen seit 2016 Berichte über solche Arreste auf. Als jedoch die offiziellen Einführung des Petro bekannt wurde und der Krypto-Oberaufseher Carlos Vargas bestätigte, dass das Mining von Bitcoin und anderen Kryptowährungen "kein Gesetzesbruch" sei, leitete die Polizei eine Kehrtwendung ein. Laut Luis ist das jedoch nicht der Fall. Er gibt sogar selbst zu, Verträge über das Aufspüren von Mining-Farms eingegangen zu sein:

"Ich bin Verträge zur Suche nach Farms für Armeeoffiziere eingegangen, ein gefährliches Geschäft... Ich bin nicht stolz darauf, aber entweder du lächelst und machst mit, oder du wirst erschossen. Maduro behauptete, er würde Krypto-Schürfer unterstützen, aber die Situation wurde brenzlig. Es gibt Tweets seiner Unterstützer, die Kryptowährungen wie Bitcoin öffentlich denunzieren. Dann kam der Petro. Jetzt dreht sich alles um den Petro; kein Wort zu Krypto allgemein. Die Propaganda behauptet nur, er sei größer als Bitcoin.

Versteckspiel vor Sanktionen

Ein weiterer Venezolaner, 'Rómulo', ist der Überzeugung, dass der Petro lediglich ein weiterer Versuch korrupter Regierungsbeamten sei, um den Sanktionen auszuweichen, die dem Öl-reichen Land seit Langem im Nacken sitzen.

"Der Petro bietet eine Möglichkeit, den Wirtschaftssanktionen auszuweichen ohne sich weiter zu verschulden. Es ist weder transparent, noch dezentralisiert, also weiß niemand, wie hoch der tatsächliche Vorrat ist. Wie kann irgendjemand behaupten, dies sei eine Kryptowährung, wenn sie nicht die Haupteigenschaften einer solchen besitzt?"

Viele der Probleme, mit denen die Bevölkerung Venezuelas zu kämpfen hat, sind auf die politischen Unruhen und die Politik zurückzuführen. Wie bereits erwähnt, herrscht in dem Land eine massive Spaltung vor, und die Gegenseite wird größer und lauter. "Alemacgo" feuert gegen Maduro und seine Politik in dessen staatlich gestützter Anschaffung von Kryptowährung.

"Ich bin entsetzt über die Tatsache, dass einige in der Krypto-Gemeinschaft dem Wort eines totalitären Diktators Glauben schenken und ihm helfen, die Unterdrückung meiner Mitbürger zu finanzieren. Die Bevölkerung Venezuelas hungert aufgrund der kommunistischen Politik Maduros. Jene, die denken, dies wäre eine Möglichkeit um die Wirtschaft herumzureißen; die Regierung ist seit 20 Jahren im Amt und hat nichts als Hunger und Armut vorzuweisen.

Zweifelhafter Coin

Einige der Bürger haben sich das Gerüst der Münze genauer angeschaut. Unter Berücksichtigung der Umstände seiner Erfinder, nämlich einer Regierung unter heftigem Beschuss, wird auch die angebliche Ölbindung der Münze in Frage gestellt. 'Alexander' erklärt:

"Die Nachrichten zu Petro und der ganze andere Mist... Die Koppelung mit Öl zum Beispiel ist nicht wahr, es gibt keinen Bezug zu China, Russland oder anderen Regierungen auf der Welt. Es hat nichts zu tun mit der Bevölkerung Venezuelas und auch nichts mit Öl oder wertvollen Metallen... Diese Leute brauchen einfach nur das Geld um weiterhin den Trugschluss vom Sozialismus aufrecht erhalten, an der Macht bleiben und weiter stehlen zu können. Man muss nur das Whitepaper lesen und trifft auf eine Menge Ungereimtheiten. Denkt daran, was so schlecht startet, kann nicht gut enden!"

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