Laut einer von der Schweizer Tokenisierungs-Plattform Blockstate und dem Frankfurt School Blockchain Center veröffentlichten Marktstudie zum globalen Ökosystem der digitalen Wertpapiere gibt Deutschland in der europäischen Fintech-Szene inzwischen das Tempo vor.

Verglichen werden in der Analyse mehr als 200 mit dem Security-Token-Ökosystem verbundene Unternehmen.  Neben Faktoren wie dem aktuellen Stand der verwendeten Blockchain-Technologie, Arten von Security-Token, Emittenten und Emissionsplattformen gibt die Studie ebenfalls einen Überblick zu Investoren, Sekundärmärkten und involvierten, “klassischen” Finanzakteure wie Banken.

Im Kontrast zur von Blockstate im Juli veröffentlichten STO-Studie legt der neue Bericht seinen Fokus nicht auf das investierte Kapital, sondern auf die im STO-Ökosystem engagierten Akteure.

Besonders viele Emittenten in Deutschland

Auf Basis dieses Kriteriums haben sich im Laufe der Jahre laut der Studie mit den USA und Europa zwei “Epizentren” etabliert.  Die USA führen die Industrie mit 89 identifizierten Akteuren an, dicht gefolgt von Europa mit insgesamt 75 Unternehmen. Die USA dominieren den Sektor der Investoren, Europa zeigt große Stärke im Bereich der Emissionsanbieter.

In Europa selbst konzentriert sich die Aktivität auf Deutschland, die Schweiz und Malta, wobei es in Deutschland mit mittlerweile 10 Unternehmen mehr Emittenten gibt, als in jedem anderen europäischen Land.

Top 10 Länder nach der Anzahl von Investoren. Quelle: Blockstate

Daran dürfte sich mittelfristig auch erst einmal nichts ändern, denn die große Welle an Firmen-Neugründungen erreichte ihr bisheriges Hoch im Jahr 2018. In 2019 kamen nur noch wenige neue Akteure auf den Markt, welcher nun bei zunehmendem STO-Volumen konsolidieren dürfte.

Infrastruktur: Private Proof-of-Stake statt Proof-of-Work

Was die bei Security-Token eingesetzte Technologie betrifft, hat sich der Markt inzwischen modernisiert. Das STO-Ökosystem werde mit einem Anteil von 94 Prozent immer noch von Ethereum dominiert. Neue STOs setzten jedoch immer häufiger auch auf private Blockchain-Lösungen, “um auf Sicherheits- und Stabilitätsprobleme zu reagieren und große Geschäftskunden zu bedienen”. Blockstate-CTO Samuel Brack sagt dazu:

“Die meisten Akteure der Security-Token-Wertschöpfungskette wollen Blockchain-unabhängig werden und haben dafür eine Vielzahl von Optionen zur Auswahl.”

Beim für Security Token genutzten Verifikationsalgorithmus setzten Emittenten mittlerweile “überwiegend modifizierte Versionen von Proof-of-Stake” ein. Der sonst übliche Proof-of-Work Algorithmus werde zunehmend zurückgelassen.

Genutzter Verifikationsalgorithmus. Quelle: Blockstate

Emittenten

Wie die Verfasser der Studie hervorheben, etablieren sich zunehmend sogenannte STO-Emissionsplattformen als Emittenten, da rechtliche Hürden bei der Ausgabe von Security Token weiterhin eine große Hürde darstellen. Laut Blockstate-CEO Paul Claudius ist der europäische Markt im Bereich STOs aber “nach wie vor unterversorgt” und bleibe deshalb weiterhin “relativ undurchsichtig”.

Nur 16 von 54 Emissionsanbietern bieten laut der Studie öffentlich zugängliche Zahlen über aufgenommene Mittel und geplante oder ausgeführte STOs an. Dass durch Security Token eine breite Palette von Anlageklassen abgedeckt werden, lässt sich aber durch die verfügbaren Informationen bereits heute klar feststellen. Dazu gehören neben Eigenkapital und Fremdkapital auch Immobilien und Fonds, in welche man über Security Token mittlerweile voll digital investieren kann.

Durch Security Token abgedeckte Assets. Quelle: Blockstate

Investoren: Nicht auf Blockchain fixiert

Laut Blockstate-CEO Paul Claudius haben STOs das Potential “zu wiederkehrenden Produkten zu werden, die von Brokern wie Wertpapieren verwendet werden.”

Die noch neue Investitionsmöglichkeit in Form von Security Token haben laut der Studie mittlerweile die Grenzen des eigenen Ökosystems verlassen. 71 Prozent aller aktuellen Investoren seien nicht auf Blockchains fixiert, sondern kämen “aus dem traditionellen Anlagebereich.”

Verteilung der Investoren nach Ausrichtung. Quelle: Blockstate

Investoren sind aus Sicht der Studie “alle Akteure, die in das Ökosystem investieren” und damit jedes Unternehmen, “das in eine Firma investiert hat, deren Fokus auf Security Tokens und den damit verbundenen Dienstleistungen liegt.”

Mit 61 Prozent kommt laut den Erhebungen von Blockstate die Mehrheit aller Investoren aus den USA. Deutschland liegt mit einem globalen Marktanteil von 9 Prozent auf Platz 2.

Sekundärmärkte und Banken

Für das noch junge Segment von Security Token gibt es laut der Studie bislang kaum Sekundärmärkte in Form von Handelsplattformen, auf denen diese gehandelt werden können. 47 solcher Plattformen befinden sich aktuell in Entwicklung. Nur sechs Anbieter stellen bislang entsprechende Live-Trading-Lösungen zur Verfügung.

Zu den damit verbundenen rechtlichen Problemen schreiben die Autoren:

“Diese Kategorie wird stark von Vorschriften und der Zulassung durch die Finanzbehörden beeinflusst. Viele Plattformen behaupten, über eine operative Infrastruktur zu verfügen, die nur noch auf die Genehmigung der Aufsichtsbehörden wartet und sich somit noch in der Entwicklungsphase befindet.”

Länder wie die Schweiz und Malta hätten hier durch ihre “fortschrittliche Gesetzeslage in Europa” bislang noch einen Standortvorteil.

Im STO-Ökosystem aktive Banken. Quelle: Blockstate

Auch etablierte Finanzakteure wie Banken positionieren sich mittlerweile zunehmend im Security Token-Ökosystem. Paul Claudius sieht vor allem bei Banken jedoch weiterhin Bedarf an großem potenziellen Mehrwert durch eine Adoption der Technologie. Dies wäre langfristig ein unabdingbarer Schritt.