Benoît Cœuré, ein Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), warnt, dass globale Stablecoins noch unerprobt sind und deshalb große politische Risiken bergen.

Die entsprechenden Äußerungen machte Cœuré am 26. November auf einer gemeinsamen Konferenz von der EZB und der belgischen Zentralbank in seiner Rede „Überwindung der Kluft zu den Zahlungssystemen von morgen“.

Globale Stablecoins bergen Risiken für Europa

In seiner Rede ging Cœuré auf das Versagen der gesamteuropäischen Wirtschaft ein, ein gemeinsames digitales Zahlungssystem hervorzubringen.

Dabei nahm er Zahlungssysteme wie SEPA und TARGET Instant Payment Settlement (TIPS) aus und verwies vielmehr darauf, dass es bisher noch kein europäisches Online-Zahlungssystem gibt, das eine vergleichbare Größenordnung erreicht hat.

Aus diesem Grund würde die Europäische Union „Gefahr laufen, ihren Wettbewerbsvorteil zu verlieren“. Als Hauptsächliche Ursache dafür sieht er die nationale Fragmentierung Europas, da diese einerseits den Wettbewerb behindert und andererseits Innovationen erschwert.

Da es selbst zwanzig Jahre nach Einführung des Euros noch immer nicht gelungen sei, grenzübergreifende Zahlungen zu vereinheitlichen, sind Verbraucher umso mehr an schnelleren und günstigeren Alternativen interessiert, wie Cœuré meint. Allerdings warnt er gleichsam davor, dass ein Ausweichen auf nicht-europäische Alternativen zum Bumerang werden könnte:

„Globale Stablecoins […] bergen potenzielle Risiken in vielen politischen Bereichen, darunter Rechtssicherheit, Anlegerschutz, Finanzstabilität, Compliance oder Geldwäschebekämpfung. Die Aufsichtsbehörden haben klar kommuniziert, dass die Hürden für eine Zulassung von solchen Stablecoins sehr hoch gesteckt sind.“

In diesem Zusammenhang betonte Cœuré nochmals, dass eine Abhängigkeit von nicht-europäischen Zahlungssystemen ein strategisches Risiko „für die Autonomie und Widerstandsfähigkeit Europas wäre“.

Zentralbanken dürfen nicht die Wirtschaft behindern

Allerdings sieht Cœuré nicht nur die Verbraucher in der Pflicht, sondern fordert gleichsam auch die Zentralbanken auf, dass es neue Herangehensweisen bräuchte, um adäquat auf zukünftige Herausforderungen hinsichtlich Geldpolitik und Anlegerschutz reagieren zu können, die durch moderne Technologien und geändertes Konsumentenverhalten bedingt sind. 

Des Weiteren gibt er an, dass die EZB prüft, ob eine eigene Zentralbank-Digitalwährung dabei helfen könnte, dass die Europäer „auch in der Zukunft Zentralbankgeld nutzen, selbst wenn Bargeld irgendwann nicht mehr verwendet wird“. Hier warnt er zugleich aber auch, dass die Zentralbank nicht zu sehr in den finanziellen Vermittlungsprozess eingreifen dürfe.

So dürfe eine Zentralbank-Digitalwährung nicht dafür sorgen, dass die Privatwirtschaft zurückgedrängt wird und so kein organisches europäisches Zahlungssystem mehr hervorbringen kann.

Cœuré hat sich zuletzt wiederholt als Kritiker von Stablecoin-Zahlungssystemen gezeigt. Eine Diskussion, die nicht zuletzt durch die Ankündigung der Facebook Kryptowährung Libra intensiviert wurde.

Libra ist bei vielen europäischen Politikern und Behördlern bisher auf wenig Gegenliebe gestoßen. Einer der stärksten Kritiker ist dabei der französische Finanzminister Bruno Le Maire, der bereits ein Verbot der Kryptowährung fordert, da diese die europäische Geldpolitik womöglich untergraben würde.