David Schwartz, der Technische Geschäftsführer (CTO) von Ripple Labs, ist zuversichtlich, dass die strenge Regulierung der amerikanischen Regierungsbehörden für etablierte Kryptowährungen wie letztendlich zum Vorteil sein wird, doch für neue Krypto-Projekte sieht er darin einen beträchtlichen Nachteil.

Der Ripple-CTO befürchtet im Exklusivinterview mit Cointelegraph dementsprechend, dass amerikanische Krypto-Unternehmen und Blockchain-Unternehmen bereits über eine Abwanderung ins Ausland nachdenken. Als eines der großen Probleme in den USA sieht er dabei „die sich überschneidende Zuständigkeit“ der verschiedenen Aufsichtsbehörden, denn Börsenaufsicht SEC, die Aufsichtsbehörde für Derivatehandel (CFTC) und die Behörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (FinCEN) haben sich bisher noch nicht auf einen Konsens bei der Behandlung von Kryptowährungen geeinigt, sondern fahren jeweils eine ganz eigene Strategie.

„Für Krypto-Unternehmen ist es ganz schwer zu verstehen, welche Gesetze zutreffen und wie sie auf innovative Neuerungen anzuwenden sind“, wie Schwartz dahingehend feststellt. Dahingehend ergänzt er: „So eine Situation gibt es in den meisten anderen Ländern nicht, denn da gibt es zumeist eine zuständige Behörde, die alle Regulierungsvorgaben aufstellt und alle Entscheidungen trifft, sodass man immer weiß, an wen man sich wenden muss.“

Weiter führt der Ripple-Chef aus:

„Darüber hinaus ist die USA eines der wenigen Länder, in denen es ein sehr reelles Risiko gibt, dass die Aufsichtsbehörden irgendwann ankommen und sagen: "Das, was du schon seit fünf Jahren in aller Öffentlichkeit und ganz unbehelligt machst, das ist eigentlich illegal, und das hättest du wissen müssen!"

Der Seitenhieb gegen das amerikanische Regulierungssystem kommt wohl nicht von ungefähr, denn Ripple befindet sich derzeit in einem massiven Rechtsstreit mit der US-Börsenaufsicht SEC, die im Dezember 2020 Anklage gegen den Blockchain-Zahlungsdienstleister erhoben hatte. Allen voran CEO Brad Garlinghouse und Mitgründer Chris Larsen werden dafür verantwortlich gemacht, dass die Herausgabe der firmeneigenen Kryptowährung XRP angeblich einen „unrechtmäßigen Wertpapierverkauf“ konstituiert. CTO Schwartz gibt an, dass er seine Firma immer wieder vor einem plötzlichen Schlag der Behörden gewarnt hatte, denn jedes Unternehmen der Kryptobranche wäre auf Grund der aktuellen Rechtslage der reinen Willkür der Regulierer ausgesetzt.

„Wenn wir eine Regulierung verabschieden, die Innovation im Keim erstickt, und wir zugleich etablierten Projekten einen Freifahrtschein geben, dann erschweren wir neuen Projekten den Konkurrenzkampf damit umso mehr“, wie Schwartz weiter feststellt. Und weiter: „Das ist zwar super für XRP, aber für mich als Mensch, der sich die bestmöglichen Lösungen für unsere Welt wünscht, ist das keine gute Herangehensweise.“

Seit der Prozess gegen Ripple ins Rollen gekommen ist, haben viele Kryptobörsen die angehörige Kryptowährung XRP gänzlich aus ihren Notierungen genommen. Auch der Kooperationspartner MoneyGram hat daraufhin die Zusammenarbeit mit Ripple beendet.

Als Gegenargument für den Vorwurf, dass XRP ein Wertpapier ist bzw. dass der Verkauf der Kryptowährung einen unrechtmäßigen Verkauf eines Wertpapiers darstellt, führt Ripple an, dass Bitcoin und Ether in den USA zuvor als Commodity (Handelsware) eingestuft wurden, weshalb auch der eigene Token vielmehr nach diesem Maßstab zu bewerten wäre. Schwartz weist allerdings darauf hin, dass die Börsenaufsicht dem Krypto-Zahlungsdienstleister zur Last legt, dass dieser nichtsdestotrotz gewusst haben müsste, dass es sich bei XRP um ein unrechtmäßiges Wertpapier handelt. Die Behörde hat ihre Klage immerhin erst acht Jahre nach Einführung der Kryptowährung eingereicht, was diese Lesart jedoch durchaus fragwürdig macht.

CTO Schwartz rät den amerikannischen Regulierern deshalb, zukünftig vorausschauend zu agieren, um mit den rasanten Entwicklungen der Branche Schritt zu halten:

„Mein Tipp an die amerikanischen Aufsichtsbehörden: Schaut euch den Rest der Welt an und lasst euch nicht abhängen.“

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