Das Dezentrale Finanzwesen (DeFi) verspricht zwar eine Demokratisierung der Finanzmärkte, doch laut der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) sind die Liquiditätsanbieter (LPs) an dezentralen Börsen (DEXs) längst nicht so dezentral, wie es scheint.

Am 19. November veröffentlichte die BIZ ein entsprechendes Arbeitspapier über Uniswap v3, eine der größten DEXs in der DeFi-Community. In der Studie ging die BIZ der Frage nach, ob die Bereitstellung von Liquidität durch DEXs die Finanzmärkte wirklich demokratisiert oder ob sie die traditionellen, von einigen wenigen großen Akteuren dominierten Märkte nachahmen.

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Quelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich

Die BIZ analysierte in diesem Zusammenhang die Ethereum-Blockchain und untersuchte die 250 größten Liquiditätspools in Uniswap, um herauszufinden, ob private LPs wirklich mit institutionellen Anbietern konkurrieren können.

Liquiditätsbereitstellung in DeFi nicht wirklich dezentralisiert

Die BIZ stellte dabei fest, dass die Bereitstellung von Liquidität abgesehen von ihrer technischen Umsetzung nicht wirklich dezentralisiert ist. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass private LPs von einigen wenigen hochentwickelten Akteuren, die den Liquiditätsmarkt beherrschen, überflügelt werden.

„Diese Akteure halten etwa 80 % des Gesamtwerts und konzentrieren ihre Aufmerksamkeit auf Liquiditätspools mit dem größten Handelsvolumen und geringerer Volatilität“, heißt es in dem Bericht.

Die Studie ergab, dass Retail-LPs einen geringeren Anteil an den Handelsgebühren verdienen und niedrigere relative Anlagerenditen erzielen. Darüber hinaus stellte die BIZ fest, dass Retail-Anbieter „auf risikobereinigter Basis Geld verlieren“.

Obwohl sich die Studie nur auf Uniswap konzentrierte, betonten die Forscher, dass Uniswap v3 „kein besonderer Fall“ sei und die Ergebnisse auch für andere DEXs gelten könnten. Sie schlugen vor, dass künftige Forschungen die Rolle von privaten und institutionellen Marktteilnehmern bei verschiedenen DeFi-Anwendungen, wie z. B. Kreditvergabe und -aufnahme, untersuchen sollten.

Institutionen führen DeFi ad absurdum

Die BIZ kam zu dem Schluss, dass die Dominanz institutioneller LPs den Grundgedanken von DEXs, die auf eine Demokratisierung der Finanzsysteme abzielen, in Frage stellt. In dem Papier wird argumentiert, dass die Fähigkeit zur Bereitstellung von Liquidität vielmehr konzentriert ist, wodurch Kleinanleger benachteiligt werden.

Die Forscher erklärten auch, dass die Ergebnisse der Studie zeigen, dass viele wirtschaftliche Kräfte, die zu einer Zentralisierung im traditionellen Finanzwesen führen, „wahrscheinlich inhärente Wirkungskräfte des Finanzsystems“ sind, einschließlich DeFi.

In dem Papier wird argumentiert, dass die Möglichkeit der Teilnahme für jedermann also nicht zwangsläufig zu einem wirklich „fairen“ Markt führt.

Trotz ihrer Kritik räumte die BIZ ein, dass DeFi mit weniger regulatorischen, operativen und technologischen Hindernissen konfrontiert ist als das traditionelle Finanzwesen.

Weniger schlimm als im etablierten Finanzwesen?

Der Wirtschaftswissenschaftler Gordon Liao reagierte auf das Papier mit der Kritik, dass er „aus den Daten fast die gegenteilige Schlussfolgerung ziehen würde“.

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Quelle: Gordon Liao

Liao, der zuvor als Forschungsleiter bei Uniswap tätig war, sagte, dass die „profitabelsten Trader“, die 80 % der Gebühren verdienen, weniger als 15 % der Gebühreneinnahmen erzielen.

„Das ist kaum eine Leistung gegenüber weniger profitablen passiven Nutzern“, argumentierte Liao.

Unter Berufung auf eine Studie, die im Journal of Financial Economics veröffentlicht wurde, meinte Liao, dass die Situation für Liquiditätsanbieter im traditionellen Finanzwesen „viel schlechter“ sei.

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