Der Milliardär und Unternehmer Elon Musk behauptet, die Europäische Kommission habe seiner Social-Media-Plattform X einen „illegalen Geheimdeal“ angeboten, um die Meinungsfreiheit zu unterdrücken.
Am 12. Juli veröffentlichte die Kommission eine entsprechende Pressemitteilung, in der sie feststellte, dass X gegen das Gesetz über digitale Dienste (DSA) verstößt.
Wie Cointelegraph bereits berichtete, könnte die Europäische Kommission (EC) im Falle einer endgültigen Entscheidung gegen die Social-Media-Plattform eine Geldstrafe von bis zu 200 Millionen US-Dollar verhängen.
Im Gegensatz zu Musk behauptet der Sprecher der Europäischen Kommission, Thomas Regnier, die Kommission habe nicht die Absicht, das Recht der Nutzer auf freie Meinungsäußerung einzuschränken.
„Das Ziel des Gesetzes über digitale Dienste ist es, ein sicheres und faires Online-Umfeld für die europäischen Bürger zu gewährleisten, das ihre Rechte, insbesondere die Meinungsfreiheit, respektiert“, sagte Regnier gegenüber Cointelegraph.
Laut der Pressemitteilung der Kommission verstößt X möglicherweise in drei Punkten gegen das DSA.
Der erste ist der Verkauf von „verifizierten“ blauen Häkchen durch X an die Öffentlichkeit. Nach Ansicht der Europäischen Kommission beeinträchtigt dies „die Fähigkeit der Nutzer, freie und fundierte Entscheidungen über die Echtheit der Konten zu treffen“.
Zweitens argumentiert die EK, dass X die Transparenz der Werbung nicht einhält. Drittens wird behauptet, dass das Unternehmen nicht genug tut, um Forscher und öffentliche Untersuchungen zu unterstützen.
Regnier erklärte, wie die Kommission zu ihrer Entscheidung kam: „Die vorläufigen Feststellungen vom 12. Juli zu X basieren auf einer eingehenden Untersuchung, die unter anderem den Austausch mit dem Compliance-Team der Plattformen, die Analyse interner Unternehmensdokumente, Interviews mit Experten sowie die Zusammenarbeit mit den nationalen Koordinatoren für digitale Dienste umfasste.“

Musk schlägt zurück
Musk hält mit seiner persönlichen Meinung jedoch bekanntermaßen nicht hinterm Berg und wehrt sich des Öfteren öffentlichkeitswirksam gegen Kritik.
Nach der Pressemitteilung der Europäischen Kommission bezeichnete Musk die DSA-Feststellungen entsprechend schnell als „Falschinformationen“, bevor er seine Sicht der Dinge später weiter erläuterte.
„Die Europäische Kommission hat X einen illegalen, geheimen Deal angeboten: Wenn wir still und leise freie Meinungsäußerung zensieren, ohne es jemandem zu sagen, würde sie uns keine Geldstrafe aufbrummen“, so Musk. „Die anderen Plattformen haben dieses Angebot angenommen, wir nicht.“
Diese Reaktion kam in der Community gut an, und viele X-Nutzer klatschten Musk Beifall.
Tyler Winklevoss, der Gründer der Kryptobörse Gemini, gehörte auch dazu. Winklevoss fasste die trotzige Stimmung der X-Community zusammen, indem er schrieb: „Danke für diese prinzipienfeste Führung. Keep fighting the good fight!“
EU will Zähne zeigen
Zornitsa Daskalova, die globale Leiterin der Abteilung für Finanzkriminalität bei der Unternehmensberatung Optima Partners, erklärte gegenüber Cointelegraph, dass die Maßnahmen der Europäischen Kommission erst nach einem langen Prozess der Beweissammlung und Korrespondenz mit X ergriffen wurden.
„Die Untersuchung hat mehr als sieben Monate gedauert“, so Daskalova. „Der EU-Kommissar für Digitales, Thierry Breton, besuchte vor einem Jahr Kalifornien und traf sich mit der damaligen Führungsebene von Twitter und warnte sie vor den möglichen Konsequenzen und Geldstrafen, falls Twitter die DSA nicht einhalten würde.“
„All diese Maßnahmen zeugen von der Entschlossenheit der EU, Zähne zu zeigen und die großen Unternehmen in Einklang mit der EU-Verordnung zu bringen“, fügte sie hinzu.
Wie Daskalova weiter erläuterte, wurde eine zuvor eingeführte EU-Verordnung, die so genannte Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), „von einigen als großer Erfolg bei der Gesetzgebung, aber als Misserfolg bei der Durchsetzung angesehen, da der Durchsetzungsmechanismus nicht so einfach ist“.
Mit der Einführung der DSA hat die EU jedoch ihre Lektion gelernt. Der Expertin zufolge ist das Durchsetzungsverfahren der EU „jetzt viel besser definiert“.
Strategische Informationsoffenlegung?
Musk argumentiert seit langem, dass Regierungsbehörden privat Lobbyarbeit auf Social-Media-Seiten betreiben, um Informationen zu unterdrücken und den kulturellen Zeitgeist zu kontrollieren.
Sein Vorwurf, die Europäische Kommission habe X einen geheimen Deal angeboten, erinnert an frühere Gegenangriffe des Unternehmers.
Von Dezember 2022 bis März 2023 gab Musk zum Beispiel interne X-Dokumente an eine Reihe von Journalisten weiter, darunter Matt Taibbi, Lee Fang und Bari Weiss. Diese Veröffentlichung wurde „The Twitter Files“ genannt, in Anlehnung an den früheren Namen der Social-Media-Website.
Der erste Datensatz der Twitter-Files betraf die Sperrung des Kontos des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump und den Skandal um dem Laptop von Hunter Biden.
Musk argumentierte, dass die Veröffentlichungen seine Befürchtungen hinsichtlich Zensur und geheimer Absprachen mit der Regierung unterstreichen, während seine Kritiker meinten, die Freigabe zeige nur, dass das Social-Media-Team mit schwierigen Entscheidungen zur Inhaltsmoderation zu kämpfen habe.
Angesichts der damaligen Bereitschaft von Musk, interne Informationen bereitwillig offenzulegen, stellt sich die Frage, ob er dies auch gegenüber der Europäischen Kommission tun wird.
Sonstige Beweise für Fehlverhalten innerhalb von Twitter hat Musk bisher lieber für sich behalten.
Kommissar Breton entgegnete auf X wiederum: „Es hat nie eine ‚geheime Abmachung‘ gegeben – und wird sie auch nie geben. Mit niemandem.“
Breton richtete abschließend noch eine latente Drohung an Musk: „Wir sehen uns (vor Gericht oder nicht)“.
Melde dich bei unseren Sozialen Medien an, um nichts zu verpassen: X, YouTube, Instagram und Telegram – aktuelle Nachrichten, Analysen, Expertenmeinungen und Interviews mit Fokus auf die DACH-Region.