Die Europäische Union (EU) hat sich in letzter Instanz nun endgültig auf einen „wegweisenden“ Krypto-Gesetzesrahmen geeinigt, der sowohl Krypto-Herausgeber als auch Krypto-Dienstleister in einem umfassenden Regelwerk zusammenfasst.

Der deutsche EU-Parlamentarier Dr. Stefan Berger, den Cointelegraph-Lesern auch als „Bitcoin-Schutzengel“ bekannt, der als Berichterstatter für die MiCA maßgeblich an den Verhandlungen über den Gesetzentwurf mitgewirkt hat, den „Durchbruch!“ entsprechend stolz auf Twitter verkündet, denn damit ist Europa nun „der erste Kontinent“ mit einer „ausgewogenen“ vollumfänglichen Krypto-Regulierung .

Der auf den Namen Markets in Crypto-Assets (MiCA) getaufte Gesetzesrahmen umfasst eine Fülle von Vorgaben, die von unbesicherten Kryptowährungen und Stablecoins über Kryptobörsen bis hin zu Krypto-Wallets reicht, wie die offizielle Pressemitteilung erklärt.

Der französische Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire ist der Überzeugung, dass „die wegweisende Verordnung dem Wilden Westen, der bei Kryptowerten herrscht, ein Ende setzen und die Rolle der EU als Normgeber in digitalen Fragen festigen wird“.

Stabiler Rahmen für Stablecoins

Der Verbraucherschutz hat in den MiCA oberste Priorität, so ist es kaum verwunderlich, dass vor dem Hintergrund des öffentlichkeitswirksamen Zusammenbruch des Blockchain-Projekts Terra und des zugehörigen Stablecoins TerraUSD (UST) die (wert-)stabilen Kryptowährungen umso mehr in den Fokus geraten sind. Demnach sind Stablecoin-Herausgeber zukünftig dazu verpflichtet, „ausreichend liquide Reserve im Verhältnis 1:1“ in der Hinterhand zu haben.

EU-Parlamentarier Ernest Urtasun führt in diesem Zusammenhang auf Twitter aus, dass diese Reserven „rechtlich und geschäftlich voneinander getrennt sein müssen“ und auch einen „vollständigen Schutz für den Fall der Insolvenz“ bieten sollen.

Darüber hinaus ist für Stablecoins ein maximales Transaktionsvolumen von 200 Mio. Euro pro Tag festgeschrieben.

Besonders dieser Punkt hat in der Krypto-Community bereits für große Verwunderung gesorgt, denn das tägliche Handelsvolumen der führenden Stablecoins ist schon jetzt weitaus höher. So verzeichnen Tether (USDT) 50,4 Mrd. US-Dollar (48,13 Mrd. Euro) und USD Coin (USDC) 5,66 Mrd. US-Dollar (5,4 Mrd. Euro) pro Tag.

Auch für dezentralisierte Stablecoins wie den Dai (DAI) wären die neuen Vorgaben wohl kaum einzuhalten.

Interessanterweise wurden die MiCA am selben Tag verabschiedet, an dem das Krypto-Unternehmen Circle einen ersten großen Euro-Stablecoin (EUROC) lanciert hat.

Verbraucherschutz ist Trumpf

Wie bereits erwähnt, hat der Verbraucherschutz in der neuen EU-Regulierung großen Stellenwert, dementsprechend sind auch Krypto-Dienstleister – im Gesetzestext als sogenannte Crypto-Asset Service Providers (CASPs) definiert – an strenge Vorgaben gebunden und zur Verantwortung verpflichtet.

Laut Urtasun wird Handelsplattformen auferlegt, dass diese ein Whitepaper für jede Kryptowährung, die keinen klaren Herausgeber hat, zur Verfügung stellen müssen. Dies dürfte also auch Marktführer Bitcoin (BTC) betreffen. Für missverständliche Informationen in den Projektbeschreibungen sind die Kryptobörsen sogar haftbar.

In diesem Kontext soll es für die Verbraucher auch klare Warnungen über die Risiken beim Handel mit Kryptowährungen geben, für das Marketing sind ebenfalls strenge Standards vorgesehen.

Ein weiterer wichtiger Punkt, den die MiCA angehen, sind Marktmanipulation und Insiderhandel. Dahingehend schreibt der Europäische Rat:

„Die MiCA erstreckt sich auch auf alle Arten von Marktmissbrauch im Zusammenhang mit Transaktionen oder Dienstleistungen jeglicher Art, insbesondere auf Marktmanipulation und Insider-Geschäfte.“

ESMA schwingt das Zepter

Um überhaupt den Betrieb innerhalb der Europäischen Union aufnehmen zu dürfen, müssen die Krypto-Dienstleister (CASPs) eine entsprechende Genehmigung bei der zuständigen Aufsichtsbehörde, der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), erwirken.

Die im Januar 2011 gegründete Behörde ist also zukünftig die höchste Instanz, die direkt mit der Beaufsichtigung der europäischen Kryptomärkte beauftragt ist.

Des Weiteren gilt es festzuhalten, dass der neue Gesetzesrahmen weder ein Verbot für das umstrittene Proof-of-Work (PoW) Konsensverfahren – das indirekt ein Bitcoin-Verbot bedeuten würde – noch Regulierungsvorschriften für Non-Fungible Tokens (NFT) enthält.

Immerhin hat die Europäische Kommission bereits angekündigt, dass sie sich in den nächsten 18 Monaten dem Thema NFTs annehmen will und womöglich schon sehr bald einen zu den MiCA passenden Gesetzesvorschlag für die gehypte Anlageklasse unterbreiten könnte.

„Der neue europäische Krypto-Gesetzesrahmen wird für Krypto das werden, was die europäische Datenschutz-Grundverordnung (GDPR) für den Datenschutz ist“, wie ein Sprecher von Circle die Tragweite der Regulierung einordnet.

Zunächst hat der Gesetzesrahmen erst noch den Status eines Entwurfes, und muss nun erneut den Europäischen Rat und das Europäische Parlament durchlaufen, ehe die Verordnung endgültig in Kraft treten kann.