Der Bankrott von FTX hat den Markt in diesem Jahr wohl am stärksten erschüttert. Weder der Kollaps von Terra noch die Insolvenz von Celsius Network und den angeschlossenen Firmen lastet so schwer auf dem Markt und der Branche wie der Skandal um FTX und Alameda Research. Einer der Hauptgründe dafür ist die Tatsache, dass FTX nicht abseits aller Regeln operiert hat, sondern überwiegend lizenzierte Geschäfte betrieb und sogar mit Regulatoren in den USA am Tisch saß.

Die Krypto-Branche hat lange mit vielen Vorurteilen zu kämpfen gehabt und hat an verschiedenen Stellen hart dafür gearbeitet, das notwendige Vertrauen aufzubauen. Es sind nicht nur über 10 Milliarden US-Dollar, die in der Kasse fehlen, sondern schlicht die Zerstörung dieses Vertrauens, welches Anleger, Investoren, Politiker und Behörden gleichermaßen an der Zukunft von Krypto zweifeln lässt.

Dabei kann man von diesem Vorfall, der Medien und Behörden noch lange beschäftigen dürfte, bereits jetzt einige wichtige Dinge für die Zukunft lernen.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Einer der wohl wichtigsten Leitsätze von Bitcoin lautet „Don’t trust, verify!“. Was mit FTX geschehen ist, ist nicht neu, wenn man Vorfälle wie etwa den von Mt. Gox in Betracht zieht. Die Börse ging im Jahr 2014 insolvent und ihr fehlten damals rund 140.000 BTC, die im Laufe der Vorjahre verschwunden waren. Genau genommen reiht sich FTX in eine ganze Kette von Vorfällen ein. Börsen wie Cryptsy oder Mintpal dürften Veteranen noch ein Begriff sein und auch sie scheiterten an undurchsichtigen Geschäftspraktiken ihrer Betreiber, die zudem noch illegal waren.

Es hat scheinbar nicht geholfen, dass FTX in vielen Ländern über seine Tochterfirmen ein lizenziertes Geschäft betrieb. Viele hatten gehofft, dass Vorfälle, bei denen Börsen involviert sind, mit einer zunehmenden Regulierung der Vergangenheit angehören würden.

Damit ist eine mögliche Lehre aus der ganzen Situation, dass es vielleicht nicht primär mehr Transparenz benötigt, sondern eine effektive Kontrolle durch Behörden. Sie müssen die Finanzen der Unternehmen prüfen und verhindern, dass über undurchsichtige Firmengeflechte am Ende doch ein Schaden entsteht. Es geht dabei nicht nur um einen „Proof of Reserve“, sondern auch um einen Check der Verbindlichkeiten, welche bei den meisten Unternehmen gar nicht thematisiert werden.

Zwar wird durch die Politik eine straffere Regulierung für Kryptowährungen und die dazugehörige Industrie ins Gespräch gebracht, aber die Forderung müsste sinngemäß nicht an die Branche, sondern an die Aufsichtsbehörden adressiert sein. Wenn sie Lizenzen vergeben, dann müssen sie dafür sorgen, dass der Lizenznehmer einen bestimmten Handlungsrahmen einhält und nicht überschreitet.

Die Gegenposition zu dieser Sichtweise schlägt vor, das genaue Gegenteil zu versuchen und sich nicht auf Behörden zu verlassen, sondern auf den Code von DeFi-Applikationen. Dabei muss zwar nicht länger darauf vertraut werden, dass Börsen und Behörden ihren Job richtig machen, aber auch hier lauern Fallstricke. Dies wird durch die nicht weniger fatalen Exploits in den vergangenen zwei Jahren deutlich, bei denen ebenfalls Milliardenbeträge verloren gegangen sind. Damit schließt sich am Ende der Kreis und die Branche muss entweder auf eine bessere Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen hoffen oder auf solide Software, die sich nicht länger in einem experimentellen Status befindet.

Die Frage für die kommenden Jahre wird sein, wie wir als Branche, Community und Gesellschaft das Vertrauen in den Markt wiederherstellen und erhalten wollen.

Wie kann man sich als Anleger verhalten?

Diese und andere Überlegungen zur allgemeinen Lage des Marktes und der Herangehensweise durch Politik und Aufsichtsbehörden helfen Anlegern freilich nicht direkt weiter. Sie haben ihr Geld und ihre Kryptos in dem Vertrauen auf FTX liegen lassen, dass die Börse am Ende zahlungsfähig ist. Wie wir alle schmerzlich lernen mussten, war das nicht der Fall.

Allgemein lassen sich verschiedene Bereiche identifizieren, in denen Anleger Kompetenzen entwickeln sollten, um in Zukunft besser gewappnet zu sein. Wer bereits Erfahrung am Markt gesammelt hat, dürfte den ein oder anderen Punkt für selbstverständlich halten. Für Anleger, die in dieser Krise ihre Feuertaufe erlebt haben, sollten sie jedoch wertvoll sein: 

  • Money Management: Trader haushalten mit ihrem Geld häufig nach strikten Vorgaben und achten genau darauf, wie viel Geld sie pro Trade riskieren. Wenn es um Kryptowährungen und Geld geht, welches man auf einer Börse liegen lässt, dann sollte man dieses Risikomanagement mit in solche Überlegungen einbeziehen. Muss ich dort Geld und Assets verwahren oder ist es sinnvoll, Assets auf dem eigenen Wallet zu halten?
  • Bekanntheit spielt keine Rolle: Sam Bankman-Fried war lange Zeit der Liebling der Massen. Auch andere prominente CEOs wie CZ von Binance haben regelrechte Fans, welche ihnen die Treue halten. Dieses Bild und der dazugehörige Ruf täuschen darüber hinweg, dass man als Kunde einer Börse keine Freundschaften eingeht, sondern ein Geschäft. Kein Mensch ist unfehlbar und das Geld, sowie die daraus resultierende Macht kann korrumpieren. Die Fassade von FTX, Alameda und SBF hat uns alle getäuscht.
  • Selbstverwahrung gehört dazu: Die Pleite von FTX hat deutlich gemacht, dass viele Anleger – egal ob klein oder groß – ihre Krypto-Assets immer noch am liebsten auf einer Börse verwahren. Sicherlich braucht es Vertrauen in Handelsplätze, aber wer Kryptowährungen als ein Investment hält, verpasst ihren wohl größten Anwendungsfall, wenn er sie nicht selbst verwahrt. Der achtsame Umgang mit einem eigenen Wallet muss zum Standardrepertoire jedes Anlegers werden.

Wer diese drei Punkte in Zukunft ernst nimmt und verinnerlicht, dürfte zumindest keine große Enttäuschung erleben, sofern sich ein weiteres Debakel in die lange Liste von Fehlschlägen einreihen sollte. Kryptowährungen und Blockchain-Technologie sind noch jung, weshalb der Skandal um FTX zwar schwer zu verkraften ist, aber niemanden vollständig entmutigen sollte. Windige Unternehmen werden vom Markt verschwinden, aber die Krypto-Industrie ist und bleibt ein Teil unserer Zukunft.

Bruno Krauß ist der CTO und Geschäftsführer von ReWallet, einem Berliner Unternehmen, welches sich auf die Wiederherstellung von Krypto Wallets spezialisiert hat. In seiner Funktion ist er für die technische Umsetzung der Wallet-Wiederherstellung zuständig. Neben seiner beruflichen Tätigkeit publiziert er regelmäßig Beiträge, die Anlegern und Nutzern von Kryptowährungen dabei helfen sollen, einen sicheren Umgang mit der Technologie zu erlernen.

Dieser Artikel dient der allgemeinen Information und stellt weder eine Rechtsberatung noch eine Investitionsberatung dar. Die Ansichten, Gedanken und Meinungen, die hier geäußert werden, sind allein die des Autors und spiegeln nicht unbedingt die Ansichten und Meinungen von Cointelegraph wider.