Einflussreiche Mitglieder der deutschen Krypto-Community haben nach einem kontroversen Gerichtsurteil, welches Bitcoin als kein Finanzinstrument bewertet hat, vom Gesetzgeber klare und transparente Regeln eingefordert.

OLG-Urteil: BaFin überschritt Kompetenzen

Das Kammergericht Berlin hatte in einem Verfahren am 25. September gegen den Betreiber der inzwischen eingestellten Bitcoinbörse Bitcoin-24 geurteilt, dass der gewerbsmäßige Handel mit Bitcoin ohne ausdrückliche Erlaubnis durch die Behörden nicht strafbar ist.

Die bislang gängige Praxis, den rechtlichen Status von Bitcoin und anderen Kryptowährungen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu regeln, wurde in diesem Fall damit für nicht rechtmäßig erklärt.

Dem Verfahren war eine Entscheidung des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vorausgegangen, welches den Betreiber der Bitcoin-Börse zunächst zu einer Geldstrafe verurteilt hatte. In einem Revisionsverfahren der höheren Instanz waren die Richter aber zu dem Schluss gekommen, dass aufgrund der dezentralen Natur von Blockchain-Netzwerken keiner der aktuellen Rechtsbegriffe Anwendung finden kann. Im Urteil heißt es dazu:

"Es handelt sich um keine Währung und kein Geldzahlungsmittel im klassischen Sinne, das in einem Währungsraum kraft Gesetzes von jedermann zur rechtswirksamen Erfüllung geschuldeter Leistungen akzeptiert wird.”

Auch von einer Rechnungseinheit oder elektronischem Geld sei bei Bitcoin und Co. nicht auszugehen, so die Richter weiter.

Kritik an Urteil spitzt sich zu

In der Krypto-Community wurde das Urteil mit großer Verunsicherung aufgenommen, da der rechtliche Status von Kryptowährungen damit weiterhin unklar erscheint und auch in Zukunft zu Einzelfallentscheidungen durch Gerichte führen dürfte.

Am 24. Oktober forderte das deutsche Blockchain-Bankstartup Bitwala in einem Statement als Reaktion zu dem Gerichtsurteil die Gesetzgeber dazu auf, endlich rechtliche Klarheit in Deutschland und der Europäischen Union zu schaffen. Das Urteil beweise, “dass die Rechtslage in Deutschland besser geregelt werden muss”, so Bitwala, und ergänzt:

“Derzeit ist in Deutschland nur die aufsichtsrechtliche Bewertung einer Kryptowährung maßgeblich - ein eigenes Gesetz fehlt jedoch bislang. Darum besteht Rechtsunsicherheit und die Gefahr der Umgehung nationaler Regelungen, weil ein gemeinsamer, europaweiter Ansatz fehlt.”

Die bekannte Krypto-Entrepreneurin und CEO von Neufund, Zoe Adamovicz, verfasste am 23. Oktober als Reaktion auf das Urteil einen offenen Brief an den deutschen Bundestag. Ihrer Meinung nach ist die bislang gängige rechtliche Einordnung von Kryptowährungen durch die BaFin durch das Urteil der Berliner Richter hinfällig. Sie schreibt:

“Das Urteil hat zur Konsequenz, dass der Handel mit Kryptowährungen keiner bestehenden Regulierung unterliegt und damit plötzlich nicht mehr reguliert wird.”

Dies sieht auch Dr. Christian Conreder ähnlich, ein auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierter Rechtsanwalt aus Hamburg. Der Jourist wird im IT-Finanzmagazin am 15. Oktober zitiert:

“Sollte sich diese Rechtsauffassung des Kammergerichts Berlin durchsetzen, würde dies viele Geschäftsmodelle im Kryptobereich vereinfachen und „beflügeln“, da künftig zumindest häufig keine Erlaubnis nach dem KWG und damit einhergehend ein erhöhter Organisationsaufwand von Nöten wäre”.

Dass die bisherige Regulierungspraxis durch die BaFin vielen in der Krypto-Community nicht ausreicht, war bereits im Februar deutlich geworden, als die Behörde sich nach einem deutlichen Anstieg der Rechtsanfragen gezwungen sah, ihre Vorschriften zu präzisieren. Zum Auftakt ihrer neuen Publikationsreihe “Perspektiven” lieferte die BaFin im Sommer dieses Jahres dann eine ergänzende Erklärung ihrer Kriterien zur Token-Regulierung nach.

Dass solche Veröffentlichungen klare gesetzliche Regelungen nicht ersetzen können, hat nun das Urteil des Kammergerichts Berlin eindrucksvoll verdeutlicht.