Der Plan vom Land Sachsen-Anhalt, welches in Zusammenarbeit mit der Bundesdruckerei und der Init AG als Projektdienstleister seit 2019 umgesetzt wurde, steht vor dem vorläufigen Aus.

Einfachere Bewerbungsprozesse durch digitale Zeugnisse

Die erhofften Vorteile des digitalen Zeugnisses – auch in der Blockchain – klingen verlockend. Mit digitaler Hilfe wäre es beispielsweise möglich, sich bei der Bewerbung an Hochschulen das umständliche Beglaubigen von Papierzeugnissen zu ersparen und langwierige Verwaltungsprozesse zu automatisieren. Studieninteressierten wäre es damit erlaubt, sich an mehreren Hochschulen gleichzeitig zu bewerben. Außerdem bieten digitale Zeugnisse weitgehenden Schutz vor Fälschungen und Manipulationen.

Nach Ansicht des Ministeriums für Infrastruktur und Digitales könnte ein digitales Zeugnis einfacheren Zugang zu Ausbildungsberufen, Studium, Praktika sowie Fort- und Weiterbildungen ermöglichen. Gleichzeitig könnte man darüber Nachweise für die Rentenversicherung zu generieren. Auch wäre damit eine gute Basis für die geplante Prozessautomatisierung im Verwaltungsbereich gelegt.

Sachsen Anhalt hatte schon erfolgreich den digitalen BAföG-Antrag entwickelt. Allerdings waren die Voraussetzungen beim digitalen Zeugnis völlig andere, und von Anfang an gab es erhebliche Bedenken gegenüber dem Projekt. 

Blockchain-Lösung wurde präferiert

Die Init AG als Projektdienstleister bewertete zum Projektstart im November 2019 drei Technologien, über die sich ein digitales Zeugnis umsetzen lässt. Den meisten Zuspruch bekam dabei ein auf der Blockchain-Technologie beruhender Vorschlag. 

Von Anfang an hatte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Bedenken gegen diese Lösung. "Die Verwendung weniger gut untersuchter Technologien sollte nur dann erwogen werden, wenn solche Risiken gegenüber umfangreichen Vorteilen in anderen Bereichen zurücktreten", so der Gutachter vom BSI gegenüber dem MDR.

Andere IT-Experten wie beispielsweise Manuel Atug vom Chaos Computer Club äußerten sich gegenüber dem MDR ebenfalls kritisch zu den Plänen. "Eine digitale Lösung für ein Zeugnis ist Humbug. Aber es macht natürlich Sinn für diejenigen, die Fördergelder haben wollen oder es als Prestigeprojekt sehen", so Atug. 

Vorläufiger Projektstopp und Zukunft der Blockchain-Zeugnisse

Das vorläufige Ende des Projekts wurde dann durch einen Hack besiegelt. Im Februar 2022 gelang es der Softwareentwicklerin Lilith Wittmann, Inhalte in die Blockchain zu schreiben. Schon vorher hatten sich Angreifer Zugang zur Blockchain verschafft. Theoretisch wäre es möglich gewesen, gefälschte Zeugnisse in die Blockchain zu bringen, die damit staatlich beglaubigt wären.

Die Bundesdruckerei als verantwortliches Organ entschied daraufhin, das digitale Schulzeugnis offline zu nehmen. Anfangs wurde davon gesprochen, Verbesserungen vorzunehmen und Sicherheitslücken zu schließen. Inzwischen berichtet der MDR darüber, dass das Projekt im IT-Planungsrat nur eine geringe Priorität besitzt und “mittlerweile tot” ist. Entgegen dieser Auffassung berichtet Lilith Wittmann auf Twitter am 1. August, dass Sachsen-Anhalt angeblich einen neuen Anlauf nimmt, um Schulzeugnisse als digitale Zertifikate zu ermöglichen.

Richtigstellung: Im Beitrag wurde die Init AG als Projektdienstleister genannt und es konnte der Eindruck entstehen, dass die Init AG auch an der Umsetzung des Projektes beteiligt war. Dies ist jedoch nicht der Fall gewesen. Die Init AG hatte im Mai 2021 das Projekt abgeschlossen und war nicht in die Umsetzung der Blockchain-Zeugnisse involviert.