Iranische Behörden greifen die beliebte Messaging-App Signal an, da das Interesse an der App stark gestiegen. Es wird spekuliert, die Regierung habe bereits Zugriff auf die Daten der Nutzer bei anderen populären Messaging-Apps.

Laut Al Jazeera berichten viele Nutzer dieser auf Datenschutz ausgerichteten Messaging-App im Iran, dass sie keine Verbindung mehr herstellen können, seit Signal in diesem Monat die Spitzenposition im Google Play Store des Landes übernommen hat. Die App wurde bereits aus den iranischen App-Stores Cafe Bazaar und Myket entfernt.

In einem Tweet behauptete die App Signal, sie sei "Platz 1 auf der Blockierliste der iranischen Regierung" und arbeite daran, die Zensur des Landes zu umgehen.

Im Bericht heißt es, dass ein Komitee aus iranischen Beamten, das mit der Erkennung "krimineller Inhalte" beauftragt wurde, Signal als Bedrohung eingestuft hat. Ein Regierungssprecher behauptete jedoch auch, dass die Justiz "keine Medien, Nachrichten oder Nachrichtendienste" blockiert habe und auch nicht die Absicht habe, dies zu tun.

Im Iran gab es im November 2019 viele landesweite Proteste. Zudem befindet sich das Land seit längerer Zeit in wirtschaftlicher Not durch die US-Sanktionen, Korruptionsvorwürfe gegen die Regierung, die Erhöhung der Benzinpreise und später kam auch die COVID-19-Pandemie hinzu. Viele Social-Media-Posts zeigten damals auf, wie iranische Behörden Demonstranten töteten. Das führte dazu, dass die Regierung das Internet für fast jeden im Land tagelang unzugänglich machte.

Iranische Bürger können nun Nachrichten über WhatsApp und Instagram verschicken, aber viele Leute glauben, dass die Regierung auf die Apps zugreifen kann und somit kein Datenschutz mehr besteht. Die iranischen Behörden blockieren derzeit Twitter, Facebook, YouTube und Telegram. Insbesondere Telegram soll von 60 Prozent der Internetnutzer verwendet worden sein.

Obwohl der Iran im Jahr 2018 versucht hat, Telegram zu blockieren, weil Nutzer gewalttätige Reaktionen auf Proteste seitens der Behörden geteilt haben, konnten viele Leute diese Einschränkungen mit VPNs umgehen. Die App wird im Land so immer noch häufig genutzt, aber der Datenschutz ist weiter ein Problem. Gerüchten zufolge soll die Regierung sogar Zugriff auf Telegram haben.

Alex Gladstein von der Human Rights Foundation hat gesagt, dass Datenschutz-Apps wie Signal von ähnlichen Bewegungen in den Vereinigten Staaten (insbesondere im Rahmen von Black Lives Matter-Protesten) als Möglichkeit genutzt worden seien, um sich "vor polizeilicher Überwachung zu schützen". Er meinte, dass Leute, die unter einer Diktatur leben, am ehesten einen Datenschutz brauchen würden. Folglich könne die Dämonisierung von Signal in einem demokratischen Land zu einem größeren Polizeistaat führen, was durch "Massenüberwachung zur Bekämpfung von Extremismus" noch zusätzlich angeheizt werde.

Der Forscher für digitale Rechte Amir Rashidi sagte in dem Al Jazeera-Bericht über den Versuch, Signal abzuschalten:

"Wenn die iranische Regierung den Überblick darüber verliert, was vor sich geht oder wer was tut, befürchten sie in der Regel, dass die Leute vielleicht etwas gegen die Regierung tun."