Die Marktaufsichtsbehörde der Europäischen Union bereitet sich darauf vor, ihre Zuständigkeit auf Kryptowährungsbörsen und andere Betreiber auszuweiten. Laut offiziellen Angaben würde diese Maßnahme die Aufsicht besser an das neu eingeführte Rahmenwerk für Märkte für Krypto-Assets (MiCA) der EU anpassen.

Verena Ross, Vorsitzende der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), bestätigte in einem Interview mit der Financial Times, dass die Europäische Kommission Pläne entwickelt, die Aufsicht über mehrere Finanzsektoren, darunter auch den Kryptomarkt, von den nationalen Regulierungsbehörden auf die ESMA zu übertragen.

Ross sagte, die Reform würde dazu beitragen, eine „stärker integrierte und global wettbewerbsfähige“ Finanzlandschaft in der EU zu schaffen. Der Vorschlag ziele darauf ab, die „anhaltende Fragmentierung der Märkte“ zu beseitigen und eine einheitliche Kapitalmarktunion in Europa zu schaffen, erklärte sie.

Unter dem derzeitigen MiCA-Regime werden Lizenzen für Krypto-Asset-Dienstleister von nationalen Behörden anstelle einer zentralen EU-Behörde ausgestellt. 

Bislang haben kleinere Mitgliedstaaten die Akzeptanz vorangetrieben. Litauen erteilte Anfang dieses Jahres seine erste Lizenz an den Discount-Broker Robinhood Europe, während Malta große Börsen, darunter OKX und Crypto.com, zugelassen hat. In Luxemburg haben sich Bitstamp und Coinbase ebenfalls MiCA-Lizenzen gesichert.

Quelle: ESMA Comms

Ross argumentierte, dass die Übertragung der Aufsicht an einzelne Länder zu Ineffizienzen geführt habe, da die jeweiligen Behörden gezwungen seien, eigenes Fachwissen und eigene Aufsichtssysteme aufzubauen. Die ESMA hat ebenfalls Bedenken hinsichtlich uneinheitlicher Zulassungsstandards geäußert. Es gab auch eine Überprüfung im Juli, in deren Rahmen Elemente des maltesischen Zulassungsverfahrens kritisiert wurden.

Die ESMA wurde 2011 im Zuge der globalen Finanzkrise von 2008 als Teil des Europäischen Finanzaufsichtssystems gegründet, um die Finanzregulierung innerhalb der Union zu harmonisieren. 

Die MiCA-Verordnung, die im Juni 2024 in Kraft getreten ist, ist das wegweisende Kryptogesetz der EU, das einen einheitlichen Rahmen für Emittenten digitaler Vermögenswerte und Dienstleister in allen 27 Mitgliedstaaten schaffen soll.

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MiCA unter Druck wegen grenzüberschreitender “Passporting”-Praxis

Die Bemühungen der ESMA, die Regulierung von Kryptowährungen zu straffen und zu vereinheitlichen, stoßen auf wachsende Spannungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten hinsichtlich der sogenannten „Passporting“-Regelung – einem zentralen Bestandteil des MiCA-Rahmens, der es Unternehmen, die in einem Land zugelassen sind, ermöglicht, ohne separate Genehmigungen in der gesamten Union tätig zu sein.

In einem aktuellen Cointelegraph-Podcast erklärte Jerome Castille, Leiter der Compliance-Abteilung bei CoinShares, dass die größte Herausforderung für MiCA darin bestehe, eine einheitliche Umsetzung in allen Mitgliedstaaten sicherzustellen. 

Marina Markezic, Geschäftsführerin der European Crypto Initiative, einer Interessengruppe, die sich für eine industriefreundliche Regulierung einsetzt, sagte, das Problem liege darin, dass „27 verschiedene nationale zuständige Behörden dieselbe Regulierung überwachen“. Sie argumentierte, dass dieser fragmentierte Ansatz das Kernziel von MiCA, nämlich die Harmonisierung, untergraben könnte.

Das Passporting-System hat unter einigen der größten Märkte der Union Kontroversen ausgelöst. Frankreich beispielsweise erwägt Berichten zufolge Beschränkungen für Krypto-Unternehmen, die in anderen EU-Ländern zugelassen sind, aber innerhalb seiner Grenzen tätig werden möchten. Dieser Schritt würde laut Kritikern gegen die Grundsätze des Binnenmarktes verstoßen.

„Nach unseren Erkenntnissen ist es technisch möglich, Passporting unter MiCA zu blockieren, allerdings ist das mit erheblichen rechtlichen Komplikationen verbunden“, sagte Markezic.