Laut Prof. Dr. Philipp Sandner und Jonas Groß vom Frankfurt School Blockchain Center sollte es in absehbarer Zeit auch in Euro notierte Smart Contracts auf einer Blockchain geben. Dies machten die Blockchain-Experten in einem am 13. September im Finanzmagazin Capital veröffentlichten Artikel deutlich.

Die beiden Wissenschaftler schreiben in ihrem Gastbeitrag, Europa und Deutschland müssten technologisch und regulatorisch ihre Bemühungen intensivieren, um im Vergleich zu den USA und China nicht den Anschluss zu verlieren.

Blockchain wird noch nicht richtig verstanden

Blockchain-Technologie werde von Entscheidungsträgern im staatlichen Bereich wie auch in Konzernen “auf breiter Ebene oftmals noch nicht richtig verstanden”.

In ihrer Analyse verweisen die Forscher auf Facebooks Libra Projekt sowie auf Bestrebungen der chinesischen Zentralbank für eine eigene Kryptowährung, die laut involvierten Experten bereits “fast fertig entwickelt” sei. Als weiteres Beispiel führen Sandner und Groß die von der Kryptobörse Binance inzwischen angekündigten Plattform für Stablecoins an, mit dem “Unternehmen und sogar ganze Länder ihre eigenen Währungen auf diesem System – quasi in abgeschotteten Segmenten – notieren lassen können” werden.

In Deutschland und Europa passiere “in Bezug auf Großprojekte mit Systemrelevanz” hingegen wenig. Es gebe zwar eine lebhafte Startup-Szene im Blockchain-Bereich mit Startups in Berlin, Zürich, London und Paris sowie Konzerne wie Bosch, Daimler, die Commerzbank und andere unterhielten bereits eigene Blockchain-Abteilungen.

Initiativen von Behörden wie die BaFin in Deutschland oder deren Äquivalente in der Schweiz und in Liechtenstein sowie der Europäischen Zentralbank seien zwar “gut und richtig”. Sie würden jedoch “nicht ausreichen, um international auf Augenhöhe mit weltweit führenden Projekten zu agieren.”

Investitionen durch große Organisationen nötig

Um dieses Ungleichgewicht aufzulösen, fordern die Blockchain-Experten Investitionen durch große Organisationen wie Staaten, Ministerien, Behörden, Industriekonzerne, Banken, Investoren und Universitäten. Diese müssten ihre Budgets jetzt in Richtung Blockchain lenken und damit wichtige Vorhaben finanzieren.

Dabei haben die Autoren vor allem den Euro und das Identitätsmanagement im Blick. Sie schreiben:

“Der Euro muss auf die Blockchain und das Thema Identitäten auf Blockchain-Basis muss umfassend behandelt werden. Bei diesen beiden Aspekten handelt es sich um breite Anwendungsfelder, welche das Fundament für die digitale Wirtschaft der Zukunft darstellen werden. Eine Wirtschaft ohne Euro und Identität auf Blockchain-Basis können sich Kenner der Technologie nicht vorstellen.”

Gerade für die deutsche Industrie sei ein Euro auf Blockchain-Basis besonders wichtig, da Unternehmen ihre Rechnungen in Euro schreiben und die gesamte Buchhaltung damit laufe. Der Einsatz alternativer Digitalwährungen wie etwa Bitcoin sei für Unternehmen wie etwa BMW “nicht vorstellbar”, da die Akzeptanz als Zahlungsmittel niedrig und regulatorische Hürden zu hoch seien.

Identitätsmanagement soll auf die Blockchain

Auch das Identitätsmanagement sollte aus Effizienzgründen, so Sandner und Groß, auf die Blockchain verlagert werden. Menschen, Firmen und sogar Maschinen könnten mit einem “digitalen Ausweis” ausgestattet werden, was eine schnelle und kostengünstige Abwicklung von Transaktionen ermöglichen würde.

Um derartige Innovationen zu ermöglichen, seien jetzt Entscheidungsträger in Unternehmen und der Politik gefragt. Was diese genau leisten sollten, fassen die Autoren wie folgt zusammen:

“Sie müssen Budgets schaffen, Blockchain-basierte Projekte initiieren, Entscheidungen treffen, Teams zusammenstellen, neue Kollegen einstellen und ihre Mitarbeiter technologisch weiterbilden.”

Kelch geht an Deutschland nicht vorüber

Der Artikel endet mit der Warnung, es sei “grob fahrlässig, die Entwicklungen um Libra, die chinesische digitale Währung und Binance, und auch Bitcoin, nicht sehen zu wollen.” Der Kelch gehe nicht vorüber.

Was Prof. Dr. Philipp Sandner von Facebook Libra und der für ab 2020 geplanten deutschen Krypto-Regulierung hält, hat der Finanzexperte bereits in einem Interview von Anfang September mit Cointelegraph auf Deutsch verraten. Dort argumentierte Sandner etwas positiver und bezeichnete Deutschland bzw. den deutschsprachigen Raum im internationalen Vergleich als “nicht schlecht aufgestellt”.