Die Anwälte, die die ehemalige Chefin von Alameda Research, Caroline Ellison, vertreten, empfehlen, dass diese zu einer Haftstrafe verurteilt wird, nachdem sie sich in sieben Anklagepunkten im Zusammenhang mit dem Untergang der Kryptobörse FTX schuldig bekannt hat.
In einem am 10. September beim United States District Court for the Southern District of New York eingereichten Antrag legte Ellisons Anwaltsteam allerdings auch Briefe von Freunden, Kollegen und Familienmitgliedern vor, in denen diese für eine geringe Strafe plädierten. Die Anwälte empfahlen auf Grund dessen, dass die ehemalige Alameda-Chefin bei ihrer Urteilsfindung am 24. September zu einer Haftstrafe von drei Jahren auf Bewährung verurteilt werden sollte.
„Das PSR [die für Bewährung zuständige Behörde] begründet diese Empfehlung mit Carolines außerordentlicher Kooperation mit der Regierung, ihrer ansonsten makellosen Akte und den zahlreichen Zeugnissen über Carolines Ehrlichkeit und ethisches Verhalten sowohl vor ihrer Arbeit bei Alameda als auch seit ihrem Ausscheiden aus Alameda“, heißt es in dem Antrag. „Caroline birgt kein Rückfallrisiko und stellt keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Es wäre daher der Achtung vor dem Gesetz förderlich, in Anerkennung von Carolines frühzeitiger Offenlegung der Straftaten, ihrer uneingeschränkten Übernahme der Verantwortung für diese und – was am wichtigsten ist – ihrer umfassenden Zusammenarbeit mit der Regierung, ihr Nachsicht zu gewähren.“
Die Anwälte von Ellison fügten hinzu:
„Ohne die schweren Verbrechen in diesem Fall in irgendeiner Weise zu schmälern, bringen wir respektvoll vor, dass die politischen Ziele und die Interessen der Justiz [...] es nicht erfordern, Caroline ins Gefängnis zu schicken, und beantragen daher eine Strafe ohne Freiheitsentzug.“
Zu den im Antrag vorgebrachten Argumenten gehörte, dass der ehemalige FTX-CEO Sam Bankman-Fried Ellison empfahl, das Amphetamin Adderall zu nehmen, „um Müdigkeit zu vertreiben“, während sie bei Alameda arbeitete. Persönliche Aussagen von ihr, die in der Akte enthalten sind, legen nahe, dass sie versucht hat, einen „Entzug“ von der Droge zu schaffen.
„Seit dem Zusammenbruch von FTX im November 2022 hat Caroline nach neuen Wegen gesucht, um einen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten [...]“, heißt es in dem Memo. „[Ihre] wiederholten Bemühungen, einen bezahlten Job zu finden, waren aufgrund ihres Bekanntheitsgrades und der Ungewissheit im Zusammenhang mit ihrem Strafverfahren erfolglos. Caroline hat sich daher stattdessen auf direkte Dienste für die Gesellschaft konzentriert und mehr als 700 Stunden ehrenamtlicher Arbeit für gemeinnützige Organisationen geleistet.“
Fall FTX neigt sich dem Ende zu
Im Dezember 2022 bekannte sich Ellison in sieben Anklagepunkten des Betrugs und der Geldwäsche im Zusammenhang mit der missbräuchlichen Verwendung von Kundengeldern zwischen FTX und Alameda für schuldig. Im Rahmen ihrer Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft sagte sie im Oktober 2023 im Strafprozess gegen Bankman-Fried aus.
In ihrer Aussage legte Ellison offen, sie habe betrügerische Bilanzen erstellt, „die Alameda weniger riskant aussehen ließen, als es war“, nachdem die Firma Gelder von FTX-Nutzern für andere Investitionen genommen hatte. Seit ihrem Erscheinen vor Gericht wurde sie, wenn überhaupt, nur selten in der Öffentlichkeit gesehen, und bis zum 9. September gab es keinerlei Hinweis auf ihre bevorstehende Urteilsanhörung.
Letter of support for Caroline Ellison from former Alameda employee. Source: Courtlistener
Als Teil ihrer Empfehlung fügten Ellisons Anwälte 34 Unterstützungsschreiben von Freunden, Familienmitgliedern und Kollegen bei – wobei persönliche Informationen von acht von ihnen auf eigenen Wunsch hin geschwärzt worden sind. John Ray, der nach dem Rücktritt von Bankman-Fried im November 2022 CEO von FTX wurde, fügte ebenfalls eine Bestätigung über Ellisons Kooperation hinzu.
Geschäftsführung von FTX und Alameda werden verurteilt
Im März verurteilte der Richter Lewis Kaplan Bankman-Fried zu 25 Jahren Haft. Derselbe Richter verurteilte im Mai den ehemaligen Co-CEO von FTX Digital Markets, Ryan Salame, zu 90 Monaten Haft. Bankman-Frieds Anwälte haben Berufung gegen die Verurteilung und das Urteil eingelegt, während Salame am 12. September vor Gericht erscheinen soll, um einen Antrag auf Aufhebung seines Schuldbekenntnisses zu stellen.
In Anbetracht ihrer Kooperation und ihrer Aussage ist es unklar, ob Richter Kaplan Ellison zu einer Gefängnisstrafe verurteilen wird. Bei einer Verurteilung zur Höchststrafe könnten ihr bis zu 110 Jahre Gefängnis drohen, aber die meisten Rechtsexperten sind sich einig, dass dieses Ergebnis unwahrscheinlich ist.
Der ehemalige technische Leiter von FTX, Nishad Singh, und der Mitbegründer von FTX, Gary Wang, die sich ebenfalls schuldig bekannt und im Prozess gegen Bankman-Fried ausgesagt haben, sollen am 30. Oktober bzw. 20. November zur Urteilsverkündung erscheinen. Ihre Anwaltsteams hatten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch keine Empfehlungen für das Strafmaß abgegeben.
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