Der Westen verhängt nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine weitere Sanktionen gegen russische Banken. Unterdessen hat ein ukrainischer Offizieller gefordert, auch die Kryptowährungsbestände der russischen Bürger zu sanktionieren.

Michailo Fedorow, der ukrainische Minister für digitale Transformation, forderte am Sonntag auf Twitter die Kryptowährungsbörsen weltweit dazu auf, die Adressen russischer Nutzer zu sperren.

Er betonte, dass die Börsen nicht nur die Adressen einfrieren sollten, die offiziell mit Russland und Weißrussland in Verbindung stehen, sondern sie sollen auch "normale Nutzer sabotieren".

Fedorow erklärte weiter, dass einige branchenbezogene Dienste bereits Vermögenswerte aus Russland und Weißrussland eingefroren, darunter auch die NFT-Plattform DMarket.

"Die Gelder von diesen Konten konnten für den Krieg verwendet werden. Robin Hoods der Gegenwart. Bravo", so Fedorow. Er verwies auch auf die aktuellen Maßnahmen des Social-Media-Riesen Meta im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine.

Fedorows Aufforderung könnten für den russischen Kryptowährungsmarkt katastrophale Folgen haben, da russische Bürger Anfang Februar schätzungsweise über 200 Milliarden US-Dollar in Kryptowährungen hielten.

Da der russische Rubel gegenüber dem US-Dollar und dem Euro gefallen ist, haben russische Bürger zunehmend ihre Bankguthaben abgehoben und erwägen offenbar Kryptoinvestitionen. So hat BestChange, ein großer Kryptobörsen-Aggregator in Russland, einen Anstieg der Besucherzahlen um 20 Prozent während des russischen Einmarsches in der Ukraine verzeichnet, so ein Sprecher des Unternehmens gegenüber Cointelegraph.

Ein Ausstieg aus Russland könnte auch für große globale Börsen wie Binance verheerend sein, da der russische Markt der zweitgrößte Markt für Binance nach der Türkei im Hinblick auf Webseitenbesucher ist.

Binance: Kein Einfrieren russischer Bitcoins

Binance hat nicht vor, das Vermögen russischer Bürger einzufrieren, da dies den Hauptprinzipien der Kryptowährung, der finanziellen Freiheit, widersprechen würde, so ein Sprecher des Unternehmens am Montag gegenüber Cointelegraph:

"Wir werden nicht einseitig die Konten von Millionen unschuldiger Nutzer einfrieren. Kryptowährungen sollen den Leuten auf der ganzen Welt mehr finanzielle Freiheit bieten."

Der Vertreter fügte hinzu, die Börse ergreife Maßnahmen, um sicherzustellen, dass sich die Sanktionen gegen sanktionierte Unternehmen in Russland richten und gleichzeitig die "Auswirkungen auf unschuldige Nutzer minimiert" werden. "Sollte die internationale Gemeinschaft die Sanktionen weiter ausweiten, werden wir auch diese aggressiv anwenden", so der Sprecher weiter.

Einige Krypto-Führungskräfte glauben, dass Sanktionen gegen Russland letztendlich unvermeidlich sind. Sie sollten jedoch nur an ausgewählte Personen richten, wie es die US-Abteilung für die Kontrolle ausländischer Vermögenswerte in der Regel immer tut.

"Wir glauben, dass die Sanktionen unvermeidlich sein und neue sanktionierte Personen bekannt werden, wie es das US/OFAC in der Vergangenheit immer getan hat. Allen Kryptounternehmen zu verbieten, gewöhnlichen russischen Bürgern Dienstleistungen anzubieten, wäre jedoch nicht sinnvoll und würde den Leuten im Alltag mehr schaden als nützen", so der LocalBitcoins-Marketingleiter Jukka Blomberg gegenüber Cointelegraph.

Der Kraken-CEO Jesse Powell sagte auch, die Börse Kraken werde die Konten der russischen Kunden nicht einfrieren, wenn es nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. "Russische Bürger sollten sich bewusst sein, dass ein solches Gesetz unmittelbar bevorstehen könnte", fügte er hinzu. Powell hat zuvor empfohlen, dass Kraken-Nutzer ihr Kryptovermögen von der Börse abziehen. Dabei bezieht er sich auf das kanadische Notstandsgesetz, demzufolge Kryptowährungen von Dissidenten einfriert. 

Dieses Notstandsgesetz hat Kryptounternehmen bereits dazu gezwungen, Bitcoin (BTC)-Wallets einzufrieren, die mit Impfgegnern in Verbindung standen.

Ob andere Kryptobörsen sich dafür entscheiden, russische Kryptokonten einzufrieren, bleibt abzuwarten. Unterdessen haben sich viele Kryptounternehmen aktiv an der Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge und Soldaten beteiligt.

Am Sonntag hat Binance den Ukraine Emergency Relief Fund ins Leben gerufen, um durch Krypto-Crowdfunding Soforthilfe zu leisten. Die Kryptobörse spendete außerdem 10 Millionen US-Dollar, um in der humanitären Krise in der Ukraine zu helfen.

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Auch der Kryptozahlungsabwickler CoinGate hat eine ähnliche Initiative gestartet und ein spezielles Spendenkonto zur Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte eröffnet. Über die Spendenaktion können Nutzer in über 70 Kryptowährungen spenden. Das Geld geht direkt an Nationalbank der Ukraine.

Auch die lokalen Kryptobörsen haben schnell reagiert. So hat die ukrainische Börse Kuna am vergangenen Donnerstag einen Krypto-Fonds eingerichtet, um Wohltätigkeitsorganisationen zu unterstützen, die der Armee und dem Staat bei ihrem Widerstand gegen die russische Invasion helfen.

Nach Schätzungen von Cointelegraph hat die Ukraine seit dem Start der Spendenkampagnen Kryptowährungen im Wert von über 37 Millionen US-Dollar gesammelt.

Am Sonntag warnte die russische Generalstaatsanwaltschaft russische Bürger davor, dass jede Hilfe für ein fremdes Land während der "Sonderoperation zum Schutz der DVR und der LPR" als Vaterlandsverrat angesehen wird. Dieses Vergehen wird mit bis zu 20 Jahren Gefängnis bestraft.

Cointelegraph-Autorin Zhiyuan Sun hat an diesem Artikel mitgewirkt.