Hyun Song Shin, Chef-Ökonom der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), hat Kryptowährungen in einem am 5. Juli auf finews.ch veröffentlichten Interview als keinen brauchbaren Ersatz zu Zentralbankgeld bezeichnet.

Kryptowährungen fehlten wichtige Eigenschaften von herkömmlichem Geld, so Hyun Song Shin. So fielen bei Bitcoin und Co. im Gegensatz zu Währungen wie dem US-Dollar oder dem Schweizer Franken Transaktionskosten an und für die an der Geldschöpfung beteiligten Mineure gebe es einen Anreiz, diese möglichst hoch zu halten.

Anders als von vielen Anwendern geglaubt läge “die Produktion der Kryptowährungen nicht in vielen, sondern nur in sehr wenigen Händen”, so der Geldexperte. Das daraus resultierende Risiko fasste Hyun Song Shin wie folgt zusammen:

“Die Mineure können sich also relativ einfach absprechen und im gegenseitigen Einvernehmen bestimmte Zahlvorgänge vorziehen, nicht verarbeiten oder gar streichen. Wenn Sie dagegen über eine Zehn-Franken-Note verfügen, können Sie davon ausgehen, dass Sie für dieses traditionelle Geld auch etwas im Laden erhalten.

Hinter den traditionellen Währungen stehen Zentralbanken, die fest in die jeweiligen politischen Systeme eingebunden sind und unter öffentlicher Kontrolle stehen. Das schafft Vertrauen. Ohne das Vertrauen der Bürger in die Kaufkraft von Geld ist Geld nichts wert.”

Der BIZ-Chefökonom bestätigte aber auch das Problem klassischer Währungen, die durch falsche Politik in der Geschichte schon häufig ruiniert worden seien. Kryptowährungen stellten, so Hyun Song Shin, wegen ihres geringen Anteils an der Gesamtwirtschaft jedoch aktuell keine Stabilitätsgefahr für das Finanzsystem dar.

Einem Verbot von Kryptowährungen, auch wegen ihrer Beliebtheit bei Kriminellen bezeichnete der Ökonom aber als “falschen Weg”. Diese würden dann “in eine Schattenwelt abtauchen, wo sie noch viel schwieriger zu kontrollieren wären.” Seiner Meinung nach sollten für Kryptowährungen aber “die gleichen Regeln gelten wie für andere Anlageformen.”

Im Frühjahr hatte die BIZ zunächst vor einer Bitcoin-Blase gewarnt und sich kurz später von der Idee von CBDCs distanziert und vor negativen Auswirkungen gewarnt.

Die Diskussion ob Kryptowährungen Zentralbankgeld ersetzen können und ob Staaten vielleicht selbst eigene Digitalwährungen herausgeben sollten, läuft indes international auf Hochtouren weiter. IWF-Chefin Christine Lagarde sieht bei Kryptowährungen sowohl Vorteile als auch eine “dunkle Seite” und fordert deshalb wie der BIZ-Chefökonom eine Regulierung nach Augenmaß. Viele Zentralbanken, wie etwa in der Bank of Japan, halten darüber hinaus staatlich ausgegebene Kryptowährungen (CBDC) für sehr gefährlich, während andere wie etwa die Zentralbank der Bahamas selbst eine eigene Digitalwährung einführen will.

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